Protest
gegen das Ende

Angehörige der NSU-Opfer demonstrieren

Wenn am Mittwoch in München am Oberlandesgericht der NSU-Prozess zu Ende geht, versammeln sich Menschen im Norden auf den Straßen. Das Motto der Kundgebungen lautet: „Kein Schlussstrich unter dem NSU-Komplex“. Dieser Schlussstrich könnte mit der Urteilsverkündung gegen die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe gezogen werden, befürchten die Initiatoren der Protestaktionen.

Schon in den letzten Wochen des Verfahrens haben Anwälte von betroffenen Familien der NSU-Morde gewarnt, dass mit dem Ende des fünfjährigen Verfahrens gegen die Hauptbeschuldigte Zschäpe und vier weitere Mitbeschuldigte die Aufarbeitung nicht beendet sein dürfe. Der Kieler Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, der zwei Verletzte des Nagelbombenanschlags in der Keupstraße in Köln am 9. Juni 2004 vertritt, versuchte immer wieder im Prozess auf die Netzwerke um das NSU-Kerntrio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Zschäpe hinzuweisen.

Und nicht nur er. Auch Gül Pinar, eine Anwältin der Familie Taşköprü, fasste im Gericht nach, um zu erfahren, wer dem Trio beim Abtauchen und Leben im Untergrund und beim Auswählen ihrer Opfer geholfen haben könnte. Am 27. Juni 2001 haben Mundlos und Böhnhardt – laut Anklage – Süleyman Taşköprü in seinem Lebensmittelgeschäft an der Bahrenfelder Chaussee in Altona erschossen. „Die drei, ich will ihre Namen gar nicht aussprechen, die haben die Morde nicht alleine vorbereitet und verübt“, sagte sein Bruder Osman Taşköprü der taz nord.

Mit der „Initiative zur Aufklärung des Mordes an Süleyman Taşköprü“ kämpft der Bruder seit Längeren darum, das in Hamburg ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. In der Bürgerschaft findet sich aber bisher keine Mehrheit. Allein die Linke unterstützt die Forderung. „Die zentrale Frage, warum wer Opfer des NSU wurde, ist bis heute nicht beantwortet“, sagte Osman Taşköprü und ergänzt: „Keine Familie weiß, warum ihr Vater, ihr Sohn, ihr Bruder von den Neonazis ausgewählt wurde. Eine Gesellschaft sollte sich nicht mit diesem Nichtwissen abfinden.“

Ab 18 Uhr beginnt am 11. Juli die Demonstration in Hamburg am Alma-Wartenberg-Platz. In Bremen, Göttingen, Hannover, Kiel, Lüneburg, Pinneberg sind ebenfalls Aktionen angekündigt. Am Samstag plant das Hamburger Bündnis gegen rechts eine Demonstration: Start 14 Uhr am Hansaplatz. Andreas Speit