Real und Demeter kooperieren: Biomarke bald beim Preisdrücker

„Einmal hin, alles drin“ – so wirbt die umstrittene Einzelhandelskette Real. Demnächst bietet sie auch das Qualitäts-Öko-Label Demeter an.

Angebotsregale bei Real

Hauptsache billig: Hier sollen demnächst auch Demeter-Produkte stehen Foto: imago / biky

BERLIN taz | Der altehrwürdige Bioverband Demeter und der Supermarktriese Real arbeiten an einer engen Kooperation. Real will bis 2019 30 Prozent seines Umsatzes mit nachhaltigen Produkten erwirtschaften. Der Premium­bereich werde mit Demeter-Produkten abgedeckt, sagte Demeter-Vorstand Alexander Gerber der taz.

Die Liaison der beiden Partner ist heikel. Demeter, ältester Bioverband Deutschlands, sieht sich als Qualitätsmarktführer in der ökologischen Lebensmittelherstellung. Die Einzelhandelskette Real mit rund 280 Filialen hat einen schlechten Ruf, etwa wegen eines Gammelfleischskandals. Gerade erst machte die Kette Schlagzeilen, weil neue MitarbeiterInnen schlechter bezahlt werden sollen als länger Beschäftigte. Die Gewerkschaft Verdi wirft Real Tarifflucht vor.

Gleichzeitig arbeitet die Supermarktkette an einem Imagewechsel. Real-Chef Patrick Müller-Sarmiento will mittelfristig das gesamte Angebot auf nachhaltige Produkte umstellen. Es gehe darum, ein „vielfältiges Sortiment an nachhaltigen Artikeln zu fairen Preisen anzubieten“, so kündigte er bei einer Unternehmensveranstaltung den Plan an, auch im Biobereich zum Billiganbieter zu werden.

Schon heute hat Real Produkte von Demeter im Angebot. Allerdings kooperiert Real nur mit einzelnen Herstellern. Jetzt geht es um einen Vertrag mit dem Demeter-Verband. Der hat sich 2016 eine neue Vertriebsstrategie gegeben, um den Absatz anzukurbeln. Unternehmen, die Demeter-Produkte verkaufen wollen, müssen unter anderem einen Mindestumsatz mit Bioartikeln von 6 Prozent haben, davon muss ein Demeter-Umsatzanteil von 10 Prozent erreicht werden. Auch müssen das Verkaufspersonal geschult, Infomaterial für Verbraucher bereitgestellt und biodynamische Entwicklungsprojekte unterstützt werden.

Wie diese Grundsätze von Real eingehalten und umgesetzt werden, sei Gegenstand der Vertragsverhandlungen, sagt Gerber. „Der Vertrag wird dann unterzeichnet, wenn die Gespräche abgeschlossen sind.“ Bereits im Frühjahr hat Demeter eine – bei Lieferanten umstrittene – Kooperationsvereinbarung mit der Drogeriemarktkette dm geschlossen. „Es gibt Anfragen weiterer Einzelhandelsketten“, so Gerber.

Alexander Gerber

Es gibt Anfragen weiterer Einzelhandelsketten

Im deutschen Lebensmittelhandel herrscht ein extremer Konkurrenzkampf, der über die Preise ausgetragen wird. Die Kooperation könnte einen weiteren Preisdruck auch auf die Ökobranche ausüben. Dem Fachhandel schadet es, wenn seine exklusiven Produkte auch im konventionellen Einzelhandel zu haben sind. „Der Naturkostfachhandel ist nach wie vor unser wichtigster Partner“, erklärt Gerber. Der Verband arbeite an einem Konzept, um die Zusammenarbeit mit dem Naturkostfachhandel zu stärken.

Der kritisiert die neue Verbindung harsch. „Die Naturkost- und Naturwarenbranche hält diese Kooperation für falsch“, sagte Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost Naturwaren. Real selbst schätze, dass der Umsatz mit Bioartikeln bei 4 bis 5 Prozent und nicht, wie von Demeter verlangt, bei 6 Prozent liege. „Der Mindestanteil wird demnach erst in Zukunft erreicht werden. Es gilt also das Prinzip Hoffnung“, sagte sie.

Röder kritisiert, dass sich Demeter in einem Umfeld hauseigener Real-Siegel bewegen wird – denn darauf setzt die Kette, um sich von agrarindustriellen Produkten abzugrenzen. „Wer hauseigene Siegel für ‚state of the art‘ hält, sollte seinen Hut als Marketing-Experte an den Nagel hängen.“ Ihr Vorschlag für Real: „Wie wäre es, den Bauern, die die konventionellen Agrarrohstoffe liefern, faire Preise zu zahlen. Und dann schrittweise auf biologische Landwirtschaft umzustellen?“

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