Demo gegen neues NRW-Polizeigesetz: Tausende gegen Staatstrojaner

Tausende haben gegen die geplanten Verschärfungen im NRW-Polizeigesetz demonstriert. Sie lehnen Staatstrojaner und Schleierfahndung ab.

Menschen tragen ein Transparent mit der Aufschrift "Nein zum Polizeigesetz"

Die „wahren Verfassungsschützer“: DemonstrantInnen in Düsseldorf Foto: dpa

DÜSSELDORF taz | Gegen das geplante, Bürgerrechte massiv einschränkende Polizeigesetz der schwarz-gelben Landesregierung Nordrhein-Westfalens sind am Samstag in Düsseldorf tausende Menschen auf die Straße gegangen. „Nein zum Polizeigesetz“ und „Die Freiheit stirbt mit Sicherheit“ stand auf den Transparenten der DemonstrantInnen, die in einem dreistündigen Marsch vom DGB-Haus in der Innenstadt zum Landtag am Rhein zogen.

„Wir stehen auf für Demokratie“ hatten RednerInnen wie der Netzaktivist padeluun von der Initiative Digitalcourage schon bei der Auftaktkundgebung deutlich gemacht: „Lasst uns die wahren Verfassungsschützer sein“, rief er. Die VeranstalterInnen zählten bei Ende der völlig friedlichen Demo knapp 20.000 Protestierende. Die Polizei sprach von etwa 9.000 TeilnehmerInnen.

Mit seinem erst im April vorgestellten Entwurf will Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul der Polizei weitreichende Machtbefugnisse sichern – offiziell vor allem zur Terrorabwehr. Konkret könnte der Begriff einer „drohenden Gefahr“ ins Gesetz geschrieben werden, die auf bloßer Vermutung der ermittelnden Beamten beruht.

Der Landespolizei soll es damit erlaubt sein, jede Bürgerin, jeden Bürger bis zu 7 Tage in „Unterbindungsgewahrsam“ zu nehmen – erlaubt waren bisher maximal 48 Stunden. Gegen als „terroristisch“ eingestufte „Gefährder“ soll bis zu 1 Monat Vorbeugehaft möglich sein. Das Gesetz richte sich nicht nur gegen potenzielle Terroristen, sondern erlaube es der Landespolizei, auch hart gegen „Whistleblower, Demonstranten, Streikführer und Fußballzuschauer“ vorzugehen, kritisiert deshalb die Strafverteidigervereinigung NRW.

Geplant ist außerdem eine starke Ausweitung von Internet-, Video- und Telefonüberwachung auch durch sogenannte Staatstrojaner. „Aufenthaltsgebote“ und „Kontaktverbote“ sollen zusätzlich durch elektronische Fußfesseln überwacht werden können. Einführen will die von CDU und FDP getragene Regierung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet außerdem die Schleierfahndung und den Einsatz von „Tasern“ genannten Elektroschockpistolen.

Taser gegen KlimaaktivistInnen

Vorgegangen soll damit zu allererst gegen KlimaaktivistInnen: Als Testregion für die „Taser“ ist offenbar die Region um Kerpen vorgesehen, wo es immer wieder zu Protesten gegen die Braunkohlentagebaue Garzweiler und Hambach kommt. Das Polizeigesetz von Minister Reul könne sich aber „gegen jede und jeden richten“, warnte bei der Abschlusskundgebung auch die innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, Verena Schäffer.

Dabei ist NRW kein Einzelfall: Allein in Thüringen ist bisher keine Verschärfung des Polizeigesetzes geplant. Im CSU-dominierten Bayern, wo im Mai mehr als 30.000 Menschen gegen das dortige „Polizeiaufgabengesetz“ auf die Straße gegangen waren, ist sie dagegen ebenso beschlossene Sache wie im grün-schwarzen Baden-Württemberg. Bei den Düsseldorfer Protesten wurde deshalb auch für eine bundesweite Großdemonstration im September in Berlin mobilisiert.

Denn schon heute zeigt der Widerstand erste Erfolge: In Bremen haben die Grünen ein von ihrem Koalitionspartner SPD angeschobenes neues Polizeigesetz ausgebremst. Und in NRW hatte die CDU von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet die neuen, scharfen Regelungen mit Unterstützung der FDP ursprünglich noch vor der Sommerpause durch das Düsseldorfer Landesparlament peitschen wollen.

Die Landtagsopposition aus SPD und Grünen aber meldeten „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“ an. Ohne Nachbesserungen sei eine Überprüfung durch das Landesverfassungsgericht unausweichlich, drohten die Fraktionschefs Thomas Kutschaty und Monika Düker. Innenminister Reul versprach daraufhin eine „kritische Überprüfung“. Gleichzeitig betonte er aber, es gebe Grenzen der Kompromissbereitschaft. „Ich werde das Projekt nicht verbiegen“, tönte der Christdemokrat der Rheinischen Post. Über das Gesetz abgestimmt werden soll jetzt im Herbst.

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