Versprochener Radausbau der Regierung: ADFC pocht auf Fahrradwende

Vor einem Jahr kündigte die Bundesregierung Millionen für die Förderung des Radverkehrs an. Geschehen ist nichts, rügt die Zweiradlobby.

Eine Brücke für Radfahrerinnen für über einen idylischen See

Traum vieler RadlerInnen: Ruhrschnellweg am Niederfeldsee in Essen Foto: dpa

BERLIN taz | Das Geld wäre da: Der Bund solle die Mehreinnahmen aus der seit Anfang Juli ausgeweiteten Lkw-Maut in den Bau von Radschnellwegen stecken – so schlägt es der Fahrradverband ADFC vor. Gerade mal ein Zehntel der prognostizierten Jahreseinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, also 250 Millionen, würden reichen, um eine „Radwende“ in Deutschland einzuleiten.

Aber Fehlanzeige: Die erst vor fast genau einem Jahr versprochene Ausweitung der Förderung des Radverkehrs ist aus Sicht des ADFC ausgeblieben. Zwar habe der damalige CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt beim „Dieselgipfel“ Anfang August 2017 versprochen, Bundesmittel für die Radler um 75 Millionen auf insgesamt 200 Millionen Euro jährlich aufzustocken, um die Luft in den Städten sauberer zu bekommen. Aber: „Diese Ankündigung war eine Lüge“, sagt ADFC-Sprecherin Stephanie Krone am Dienstag. „Im Haushalt 2018 ist nichts davon zu sehen.“

Die Etatgespräche liefen noch, heißt es dazu aus dem Bundesverkehrsministerium. Bau und Erhalt von Radwegen würden derzeit schon mit rund 100 Millionen Euro jährlich finanziert, etwa 200 bis 300 Kilometer Radwege würden davon jedes Jahr an Bundesstraßen gebaut.

Laut ADFC ist das völlig ungenügend: Krone geht es zudem nicht nur um den Ausbau und Erhalt von Radwegen an Bundes- oder Fernstraßen. Der ADFC fordert Radschnellwege in allen Ballungsgebieten. Wenn der Bund im jetzigen Tempo weitermache, nämlich mit einer jährlichen Förderung von 25 Millionen Euro, dauere es noch 50 Jahre, bis es diese Radwege flächendeckend gebe, sagte Krone.

Für viele Verkehrsplaner ist die Lösung etwa 4 Meter breit, damit sicher überholt werden kann. Sie hat wenig Steigungen und kaum Kreuzungen: Das sind die Merkmale des „Radschnellwegs Ruhr RS1“, einem auf bislang 10 Kilometern Länge zwischen Mülheim und Essen wahr gewordenen Traum vieler Radler. Die „Radautobahn“ (komisch, aber so nennen sie viele) soll schon 2020 Duisburg und Hamm auf einer Länge von 101 Kilometern verbinden. Ziel der Schnellwege: Vor allem Pendler sollen auf die nach dem Spaziergang wohl umweltfreundlichste Mobilitätsart umsteigen, das Fahrrad.

Die Umsetzung zieht sich hin

Bei „RS 1“ wird erwartet, dass nach Fertigstellung täglich mehr als 50.000 Autofahrten wegfallen. ADFC-Sprecherin Krone nennt ihn das „weltweit ambitionierteste Radwegeprojekt“ – und verweist auf Göttingen, wo es bereits eine 4 Kilometer lange Teststrecke gibt. Und auf die Planungen, etwa in der Region Aachen, zwischen Frankfurt und dem Flughafen, München und Garching oder Heidelberg und Mannheim. In Berlin sind gar zwölf Strecken mit einer Länge von über 100 Kilometern projektiert – die Realisierung zieht sich aber hin. „Wir brauchen mehr Radschnellwege“, verkündete kürzlich sogar der amtierende Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

Mit Schnellwegen könne sich der Radverkehr verdoppeln, jede dritte Autofahrt könnte auf das Rad verlagert werden, hat der ADFC errechnet. Ergebnis: viel weniger Stau, Lärm und Schadstoffe in den Städten. Laut der repräsentativen Studie „Fahrrad-Monitor 2018“ können sich immerhin 45 Prozent der Deutschen vorstellen, vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen, wenn es auf ihrer Strecke einen Schnellweg gibt.

Wie erfolgreich Radlerpisten sein können, zeigt sich in den Niederlanden. Dort gibt es bereits 300 Kilometer Radschnellwege, weitere 600 sind in Planung. „In Deutschland fahren etwa 11 Prozent der Berufstätigen mit dem Rad zur Arbeit“, sagt Krone, „in niederländischen Regionen mit gut ausgebauten Radschnellwegen sind es über 25 Prozent.“

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