In den Pausen singt der N****

Missglücktes Gedenken an den Völkermord

Es ist einer der ersten monströsen Genozide der neueren Geschichte: Der Völkermord an den Herero und Nama, verübt von deutschen Kolonialtruppen unter General Lothar von Trotha im Nachgang der Schlacht am Ohamakari im Jahr 1908.

In Bremen erinnert ein Mahnmal an den Völkermord. Der steinerne Elefant in Bahnhofsnähe, der ursprünglich als Denkmal an die nach dem ersten Weltkrieg verlorenen Kolonien errichtet wurde, ist im Jahr 1987 zum „Anti-Kolonial-Denk-Mal“ umgewidmet worden. Der extra gegründete Verein „Der Elefant“ kümmert sich um das Gedenken. Und da diesem Verein honorige Leute angehören, des Rassismus gänzlich unverdächtig, erstaunt der Umgang mit dem historischen Datum dann doch.

Das Programm für die Gedenkveranstaltung am 10. August enthält die üblichen Zutaten aus Reden, Musik und Schweigeminute. Nach der Begrüßung durch die Vereinsvorsitzende Gudrun Eickelberg spricht die Bremer Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), darauf folgt ein Vortrag von Manfred Hinz vom Bremer Afrika-Archiv und die Verabschiedung durch den Grünen Landesgeschäftsführer Ralph Saxe und Kappert-Gonther. Für die Reden sorgen also Weiße – und in den Pausen darf der N**** singen: Der Bremer Gospelsänger nigerianischer Herkunft, Ady Ariwodo, im Programm auch noch falsch geschrieben, ist für die musikalische Untermalung zuständig.

Wer mehr über die Geschichte des Vereins „Der Elefant“ erfahren will oder über die deutsche Landnahme in Afrika durch den Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz, wird auf der Website des Vereins fündig – und staunt: „Nachdem die Reichsregierung unter Bismarck bestätigt hatte, dass sie Lüderitz beim Erwerb von noch unbesetztem Land durch Schutztruppen unterstützen würde“, heißt es dort, „schloss Vogelsang im Mai 1883 einen Kaufvertrag mit dem Hottentottenkapitän Joseph Fredericks von Bethanien.“ Hottentottenkapitän? Einfach so, auf der Website eines Vereins, der sich dem Gedenken an die Verbrechen des deutschen Kolonialismus in Afrika verschrieben hat? Ein Link über dem Text führt immerhin zu einem Aufsatz des Kulturjournalisten Rainer Bessling, der den Originaltext des Vertrags zitiert, mit dem Wilhelm II. jenen Joseph Fredericks übers Ohr gehauen hat: „Der Kapitän Joseph Fredericks von Bethanien bittet seine Majestät den deutschen Kaiser, über das von ihm beherrschte Gebiet die Schutzherrlichkeit übernehmen zu wollen“, heißt es da. Wenn selbst der Kaiser ohne Hottentotten auskommt, sollte ein Bremer Antikolonialverein vielleicht auch noch mal genauer hinschauen.

Karolina Meyer-Schilf