Großbauprojekt in Stuttgart: S21-Gegner zeigen Bahnspitze an

Die Bahn streitet vor Gericht um die Mehrkosten für Stuttgart 21. Das Verfahren hätte nicht beginnen dürfen, meinen Aktivist*innen.

Zwei Menschen graben

Bauarbeiter legen auf einer S21-Baustelle eine Tunnelröhre frei Foto: dpa

BERLIN taz | Das „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“ hat Bahn-Vorstandsvorsitzenden Richard Lutz, seinen Vorgänger Rüdiger Grube und das ehemalige Vorstandsmitglied Volker Kefer angezeigt. Am Donnerstag gaben die Anwälte des Bündnisses die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin ein. Sie werfen der Bahnspitze vor, pflichtwidrig ein Verfahren gegen ihre Partner beim Bau von Stuttgart 21 angefangen zu haben:

„Die Bahnspitze wusste, dass ihre Forderungen schon verjährt waren. Daher hat sie die Prozesskosten verschuldet. Dafür zahlen der Staat und am Ende die Steuerzahler“, sagt Eisenhart von Loeper, Anwalt des Aktionsbündnisses. Diesen Vorwurf wollen die Aktivist*innen am Dienstag bei einer Protestkundgebung in Stuttgart öffentlich machen. Anlass ist ein Besuch von Bahnchef Lutz und anderen Beteiligten beim „Tunnelanstich“ des Tiefbahnhofs.

Die Aktivist*innen haben für ihre Strafanzeige ein laufendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart juristisch aufgearbeitet. In diesem fordert die Bahn ihre öffentlichen Finanzierungspartner auf, 65 Prozent der angegebenen Mehrkosten für den Bau des neuen Stuttgarter Tiefbahnhofs zu tragen. Klagegegner sind das Land Baden-Württemberg sowie Stadt, Region und Flughafen Stuttgart.

Die Bahn stützt sich auf den Finanzierungsvertrag des Bauprojekts von 2009. Damals vereinbarten die genannten Beteiligten eine Ko-Finanzierung. Für den Fall, dass die Kosten beim Bau des neuen Bahnhofs auf über 4,5 Milliarden Euro steigen würden, legten sie eine sogenannte Sprechklausel fest. Demnach müssen die Beteiligten über die Aufteilung der Mehrkosten „Gespräche führen“.

Die Bahn musste die Klausel aber innerhalb von drei Jahren, nachdem sie von den Mehrkosten erfuhr, ausspielen. Genau das hätten die Bahnvorstände laut des Aktionsbündnisses aber versäumt: „Sie kannten die Tatsache der Mehrkosten jenseits des Kostendeckels von 4,5 Milliarden Euro schon 2009, so dass mögliche Ausgleichsforderungen 2012 verjährten“, so der Anwalt. Von Loeper beruft sich dabei auf ein internes Gutachten der Deutschen Bahn von Ende 2009, das Gesamtkosten von 4,9 Milliarden Euro berechnete.

Die Bahnvorstände hätten demnach bis Ende 2012 vor Gericht ziehen müssen, um die Aufteilung der Mehrkosten mit den Finanzierungspartnern klären zu lassen. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart wurde aber erst Ende 2016 eröffnet. Die Verfahrenskosten trügen Bürgerinnen und Bürger, meint von Loeper. „Damit haben die Bahnvorstände das Geld für die Prozesskosten veruntreut.“

Die Bahn hat nach eigenen Angaben erst 2013 von den deutlich höheren Mehrkosten erfahren.

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