Urteil gegen Vietnamesen in Berlin: Vier Jahre Haft für die Entführung

Ein Vietnamese aus Prag hat dabei geholfen, Trinh Xuan Thanh zu entführen. Dafür muss er jetzt ins Gefängnis.

Ein Mann vor Gericht, das Gesicht ist verpixelt

Long N. H. muss für seine Mithilfe bei der Entführung ins Gefängnis Foto: dpa

BERLIN taz | Rund ein Jahr nach der Entführung des Vietnamesen Trinh Xuan Thanh hat das Berliner Kammergericht einen Tatbeteiligten zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 47-Jährige Long N. H. mehrere Fahrzeuge angemietet hatte, die zur Observation und schließlich auch zur Entführung selbst genutzt wurden.

Er war auch dabei, als das Hotelzimmer des mutmaßlichen Kopfes des Entführungskommandos ausgeräumt wurde – immer im Wissen, dass es sich um eine geheimdienstliche Aktivität handelte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass N.H. nicht nur eine Randfigur der Entführergruppe war.

Die Vorsitzende Richterin Regine Grieß führte in der Urteilsbegründung aus, dass der Fall in der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik beispiellos sei. „Er erinnert an einen Krimi aus den Zeiten des kalten Krieges.“

Der Entführungsfall des Ex-Politikers und Geschäftsmannes Trinh Xuan Thanh am 23. Juli 2017 mitten in Berlin hatte die Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam erschüttert. Das Opfer ist mittlerweile in Hanoi verurteilt worden: zweimal „lebenslänglich“.

Die einzige Festnahme, die einzige Verurteilung

Die Anwältin des Entführungsopfer, Petra Schlagenhauf, sagte der taz nach dem Urteil: „Ich bin froh, dass hier das höchste Berliner Strafgericht festgestellt hat, dass mein Mandant von der vietnamesischen Botschaft und dem vietnamesischen Geheimdienst entführt wurde.“ Sie fügt hinzu: „Ich habe die Hoffnung, dass Vietnam meinen Mandanten nach Deutschland zurückkehren lässt.“

N. H., der ein Geldtransferbüro in Prag betreibt, ist der einzige mutmaßliche Täter, den die deutschen Strafverfolger festnehmen konnten. Die Beweisaufnahme im Gericht belegte jedoch: Nicht nur hochrangige Mitglieder eines vietnamesischen Geheimdienstes sind in die Tat verwickelt gewesen, sondern auch vietnamesisches Botschaftspersonal. Personen also, die aufgrund ihrer diplomatischen Immunität nur sehr schwer für deutsche Gerichte verfolgbar sind.

Die Bundesregierung hatte stets betont, eine Entführung habe niemand ahnen können, deshalb sei sie nicht zu verhindern gewesen. Zwei Botschaftsangehörige mussten Deutschland verlassen.

Recherchen der taz hatten gezeigt, dass deutsche Sicherheitsbehörden schon länger Kontakt zu den Entführern hatten: Mindestens zwei der mutmaßlichen Täter wurden vom Bundesnachrichtendienst beziehungsweise dem Bundeskriminalamt geschult. Einer von ihnen, Quang Dung Vu, ist heute in einer Leitungsfunktion eines vietnamesischen Geheimdienstes tätig. Das geht aus Unterlagen des BND und einer Ausländerbehörde hervor. Er ist der Ansprechpartner für den BND – bis heute.

Reisezweck: BND

Die Ermittlungen legen nahe, dass er dabei war, als das Entführungsopfer, vermutlich in einem Auto, über Tschechien und die Slowakei gebracht und später über Moskau ausgeflogen wurde. Wenige Wochen vor der Tat hatte er ein Visum beantragt, als Reisezweck hatte er angegeben: „Gespräch mit Vizepräsident des BND“.

Der andere Mann ist seit 2015 Verbindungsbeamter der vietnamesischen Polizei in Deutschland, er genießt diplomatische Immunität. Er war 2012 als Teilnehmer am BKA-Stipendiatenprogramm monatelang in Berlin, das geht aus Unterlagen des Berliner Landeskriminalamts hervor.

Er hatte seine Funktion in der Botschaft seit 2016 genutzt, um massiv für die Auslieferung des damals per internationalen Haftbefehl gesuchten Trinh Xuan Thanh zu werben – so war er unter anderem persönlich mehrmals bei der Bundespolizei vorstellig geworden.

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