Kommentar Kindergeld für EU-Ausländer: Einladung zum Missbrauch

Nur die Empfänger missbräuchlich bezogenenen Kindergelds zu bestrafen, löst das Problem nicht. Die Kassen tragen eine Mitverantwortung.

Drei Kinderwagen werden von vier Personen geschoben

Die Prüfung von Kindergeldanträgen scheint in den Bundesländern unterschiedlich zu laufen Foto: dpa

Es ist seit Jahren ein Aufreger: das Kindergeld für EU-Aus­län­de­r*innen. Dabei geht es um die Frage, ob Kinder, die nicht in Deutschland leben, diese staatliche Leistung erhalten sollen. Es genügt nämlich, wenn ein Elternteil in Deutschland gemeldet ist oder arbeitet.

Das kann zu Missbrauch führen, so wie offenbar jetzt in Nordrhein-Westfalen – möglicherweise zum wiederholten Male. Und wie es andernorts auch passieren könnte. Um es klar zu sagen: Erschleichen von Leistungen, Fälschen von Geburtsurkunden, Arbeits- und Mietverträgen, mit denen die Empfänger*innen das Kindergeld beantragt und bekommen hatten, sind Straftaten und gehören geahndet.

Das Problem des Missbrauchs löst man indes nicht, indem man einzig die Bezieher*innen bestraft. Sie sind das letzte Glied professioneller Schleuserketten, die davon leben, Menschen mit fadenscheinigen Versprechungen nach Deutschland zu holen und in Abbruchhäuser einzuquartieren. Um ihnen dann Scheinarbeitsverträge in die Hand zu drücken und von dem Kindergeld, das diese damit „verdienen“, eine fette Summe einzustreichen, als „Honorar“. Solche Machenschaften sind auf der politischen und der polizeilichen Ebene zu klären.

Die Kindergeldkassen tragen dennoch eine Mitverantwortung: Sie haben den Auftrag, Anträge sehr genau zu prüfen. Man kann sich des Eindrucks allerdings nicht erwehren, dass das in den Bundesländern unterschiedlich „ausgelegt“ wird. Während es beispielsweise in Berlin selbst für Einheimische unverständlich erscheint, dass sie nach mehrfacher Antragstellung inklusive Vorlage sämtlicher Kita- und Schulbescheinigungen monatelang kein Kindergeld bekommen („wir prüfen noch“), scheinen das Behörden andernorts lockerer zu handhaben.

Nun könnte man auch argumentieren, dass das Kindergeld nur an Kinder im jeweiligen Land in der dort üblichen Höhe gezahlt werden sollte. Davon wären dann auch im EU-Ausland lebende deutsche Kinder betroffen. Das wiederum dürfte hierzulande ebenfalls zu einem Aufschrei führen.

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Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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