Seenotrettung auf dem Mittelmeer: „Aquarius“ weiterhin auf Irrfahrt

Wieder einmal darf ein Schiff privater Seenotretter tagelang nirgends einlaufen. Nun wird Großbritannien als Aufnahmeland ins Spiel gebracht.

Geflüchtete an Bord des Rettungsschiffes "Aquarius"

141 Gerettete befinden sich an Bord des deutschen Rettungsschiffs „Aquarius“ Foto: dpa

141 Menschen hatte das deutsche Rettungsschiff „Aquarius“ am Freitag vor der Küste Libyens gerettet – am Montag wollte sich noch immer kein Staat bereit erklären, sie aufzunehmen. Das Schiff der NGO SOS Méditerranée wartet auf hoher See zwischen Malta und Sizilien auf die Zuweisung eines sicheren Hafens.

Italien und Malta lehnen es ab, die „Aquarius“ anlanden zu lassen. Zum ersten Mal ist auch Großbritannien als Aufnahmeland ins Spiel gebracht worden: Der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli zumindest erklärte am Montag auf Twitter, die „Aquarius“ fahre unter der Flagge des britischen Territoriums Gibraltar, darum sei Großbritannien auch verantwortlich. Bislang hatte Italien meist nahegelegt, die Menschen müssten nach Libyen zurückgebracht werden.

Italiens neue Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega hat die Häfen für die meisten Flüchtlinge geschlossen. Seitdem müssen Seenotretter oft viele Tage auf dem Meer umherirren, bis ein Land sich zur Aufnahme bereit erklärt. Seit Juni gab es mehr als ein halbes Dutzend solcher Fälle. Eine Folge davon ist, dass die Schiffe in dieser Zeit für weitere Einsätze ausfallen – was wiederum den starken Anstieg der Todesfälle in den letzten Wochen mit verursacht haben dürfte.

Schon im Juni hatte die „Aquarius“ mit 630 Geretteten an Bord lange warten müssen, bis schließlich Spanien am 17. Juni einlenkte und die Flüchtlinge in Valencia an Land gehen ließ. Die meisten von ihnen übernahm schließlich Frankreich. Am Montag bot die Stadtverwaltung von Barcelona an, die „Aquarius“ in ihren Hafen einlaufen zu lassen. „Barcelona wird immer dem Leben verpflichtet sein“, sagte Dezernentin Laia Ortiz.

„Das Grundprinzip, Menschen zu retten, ist bedroht“

Die Regierung in Madrid intervenierte allerdings umgehend: Barcelona sei nicht „der nächste sichere Hafen“, und nur zu diesem sollten die Menschen auf der „Aquarius“ gebracht werden, hieß es in einer Erklärung von Ministerpräsident Pedro Sanchez.

„Das Grundprinzip, Menschen in Seenot zu retten, ist bedroht“, sagte Aloys Vimard, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. „Schiffe sind nämlich unter Umständen nicht mehr bereit, auf die Hilferufe zu reagieren, weil das Risiko zu hoch ist, dass ihnen ein nächstgelegener, sicherer Hafen verwehrt wird und sie allein gelassen werden.“ Gerettete an Bord hätten der Besatzung berichtet, dass sie vor der Rettung durch die „Aquarius“ fünf verschiedene Schiffe in der Nähe gesehen hatten, diese aber keine Hilfe geleistet hätten.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex gab derweil bekannt, dass im Juli 1.900 Menschen über die zentrale Mittelmeerroute nach Italien gelangt sind. Das sind 83 Prozent weniger als im Juli 2017. Die Zahl der Menschen, die Spanien erreichten, stieg hingegen auf 8.800 – vier Mal so viele wie im Juli 2017. Seit Anfang des Jahres kamen rund 23.100 irreguläre Migranten in Spanien an, etwa doppelt so viele wie im Vorjahr. Etwa drei Viertel stammten aus Ländern südlich der Sahara.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.