Brandanschlag auf Obdachlose in Berlin: Verdächtiger gefasst

Die Polizei nimmt einen Mann fest, der zwei Obdachlose im Stadtteil Schöneweide angezündet haben soll. Eines der Opfer liegt nach wie vor im Koma.

Eine Laterne und andere Gegenstände auf einer Decke, die auf dem Asphalt liegt

Solidaritätsbekundungen am S-Bahnhof Schöneweide Foto: dpa

BERLIN taz | Nach dem Brandanschlag auf zwei Obdachlose am S-Bahnhof Schöneweide hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Wie die Beamten am Mittwoch mitteilten, handelt es sich um einen 47-Jährigen, gegen den bereits Mitte vergangener Woche Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen wurde. Zunächst habe sich der Mann versteckt, nach Ermittlungen der Zielfahndung habe man ihn dann am Dienstag in Köpenick festnehmen können.

Zu einem möglichen Motiv wollte die Polizei sich zunächst nicht äußern. Nur so viel: Es gebe „bisher keine Anhalte für eine obdachlosenfeindliche Motivlage des Tatverdächtigen“. Dass er selbst aus der Obdachlosenszene stamme, heiße das aber nicht, betonte eine Sprecherin auf Nachfrage. Lediglich, dass Hass gegen Obdachlose nicht sein Antrieb gewesen sei. Nach der Festnahme werde er nun befragt. Die Staatsanwaltschaft werde dabei mit einbezogen.

Am späten Abend des 22. Juli, einem Sonntag, soll der Verdächtige die beiden schlafenden Obdachlosen mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet haben. Die Tat ereignete sich in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofs Schöneweide, einer Straßenbahnhaltestelle und mehrerer Imbisse, deren Gäste den Männern mit einem Feuerlöscher zu Hilfe kamen. Mit lebensbedrohlichen schweren Brandverletzungen wurden die 47 und 62 Jahre alten Opfer ins Krankenhaus gebracht.

Der Täter konnte damals zunächst unerkannt flüchten. Er war allerdings auf Aufnahmen aus Überwachungskameras zu sehen, die die Ermittler auswerteten. Sie fahndeten daraufhin nach einem Mann in verdrecktem weißen T-Shirt und Dreiviertelhose.

Aus der Klinik entlassen

Eines der Opfer, ein 62-Jähriger, konnte das Unfallkrankenhaus Marzahn am Mittwoch verlassen, bestätigte Sprecherin Angela Kijewski der taz. Ihm gehe es gut. Gemeinsam mit einer Streetworkerin sei er in eine organisierte Unterkunft umgezogen. Der andere Mann, ein 47-Jähriger, liegt weiter auf der Intensivstation im Schutzkoma. 30 Prozent seiner Hautoberfläche seien von den Verbrennungen betroffen, er habe zudem Rauch eingeatmet, sagte die Sprecherin. Ihm stünden noch mehrere Hauttransplantationen bevor, mehrere solcher Operationen habe er bereits hinter sich. „Sein Zustand ist nach wie vor lebensbedrohlich.“

Am Abend nach dem Brandanschlag hatten rund 200 Menschen in Schöneweide gegen Obdachlosenfeindlichkeit und Ausgrenzung protestiert. Am Tatort stand ein Schild mit der Aufschrift „Trauer – Wut – Solidarität“. Zu Gewalt gegen Obdachlose kommt es in Berlin immer wieder. An Weihnachten 2016 zündeten im U-Bahnhof Schönleinstraße junge Männer ein Taschentuch neben einem auf einer Bank schlafenden Obdachlosen an, Passanten löschten die Flammen. Auch damals gab es Bilder aus Überwachungskameras, die Täter stellten sich. Der Haupttäter wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, zwei Mittäter zu Bewährungsstrafen.

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