Nach Post zu Stauffenberg-Attentat: AfD distanziert sich von Nachwuchs

Der Jung-AfDler Lars Steinke nennt den Hitler-Attentäter einen Verräter. Das geht selbst der AfD zu weit. Ein Ausschluss wird schon länger gefordert.

Eine Person steht vor einem Porträt von Graf Stauffenberg, sie ist nur von hinten zu sehen, neben dem Porträt sind Blumen drapiert

Mal wieder will jemand von der AfD die Geschichte umdeuten Foto: reuters

Den Nationalsozialismus als „Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher Geschichte“ zu betrachten ist in der AfD legitim. Den gescheiterten Attentäter des 20. Juli Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „Verräter“ zu bezeichnen aber nicht. Der Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland fordert deshalb jetzt den Parteiausschluss des niedersächsischen Landesvorsitzenden der „Jungen Alternative“ (JA) Lars Steinke. Gauland, der den historischen Vergleich zog, stört sich nachhaltig an Steinkes politischer Einschätzung zu Stauffenberg: “Stauffenberg ist ein Held der deutschen Geschichte“ so Gauland.

Die barsche Kritik vom Bundestagsfraktionschef verwundert wenig. Im neu-rechten Milieu von Junger Freiheit bis zum „Institut für Staatspolitik“ wird das versuchte Attentat als moralischer Aufstand des nationalkonservativen Gewissens betrachtet. Eine Deutung, die darauf abzielt, das nationalkonservative Milieu aus der politische Verantwortung für den Nationalsozialismus zu nehmen. Die konservative Mitte der Gesellschaft kolportiert teilweise nicht minder diese Einschätzung – nicht ohne dabei den viel stärkeren linken Widerstand zu ignorieren.

Die Forderung nach einem Ausschluss aus der AfD und der JA ist für Steinke wegen seiner weit nach rechts reichenden Kontakte und Positionen nicht neu. Im Sommer 2017 übernahm der Politikstudent aus Göttingen den Landesvorsitz der JA, schon da lief bereits ein Ausschlussverfahren. Angeschoben hatte Steinkes Rauswurf dessen Amtsvorgänger, Sören Hauptstein, weil Steinke Kontakte zur „Identitären Bewegung“ (IB) und dem inzwischen umbenannten „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ unterhalte; beide Gruppierungen beobachtet der Verfassungsschutz.

Steinke hat immer wieder erklärt, die Verbindungen bestünden nicht mehr. Dass er zumindest am 11. Juli 2017 noch bei der IB in Halle anwesend war, belegen aber Beweisfotos. Der JA-Bundeskonvent beschloss seinen Ausschluss, doch Steinke konnte die Umsetzung bisher abwehren. Trotz des Verfahrens erhielt er im Januar 2018 eine befristeten Job als Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion um der Fraktionsvorsitzende Dans Guth in Hannover.

Mal wieder nur ein Missverständnis

Den Eintrag auf Facebook, in dem er Stauffenberg in einem nicht öffentlich einsehbaren Beitrag als „Verräter“ bezeichnet, streitet Steinke nicht ab. „Ich kann diesen Heldenkult um Stauffenberg nicht verstehen“ sagt der Politikstudent aus Göttingen. In dem Facebook-Beitrag schrieb Steinke auch, dass das gescheiterte Attentat auf Hitler bloß ein „beschämender Versuch eines Feiglings“ gewesen sei, „die eigene Haut vor dem kommenden Siegern zu retten“.

Im Juli 1944 wollten Offiziere der Wehrmacht um Stauffenberg Hitler mit einer Bombe töten, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden, scheiterten aber.

Der niedersächsische AfD-Vorstand, dem Guth vorsteht, äußerte mittlerweile „Befremden“ über Steinkes Einschätzung: „Claus Schenk Graf von Stauffenberg war kein Feigling und kein Verräter. Er war ganz unstreitig ein konservativer und ein deutscher Held“. Auch der JA-Bundesvorsitzende Domian Lohr sucht die Distanz zu Steinke. Man müsse Stauffenberg nicht auf ein Podest stellen, sagte er. „Aber wer die völlig anwidernde Behauptung aufstellt, Stauffenberg wäre ein Feind und Verräter des deutschen Volk“ hätte in der AfD und der JA „nichts verloren“.

Auf Facebook und Twitter gibt sich Steinke nun reuig: „Die Äußerungen waren einer vorhergegangenen hitzigen Diskussion geschuldet (…) ich würde das nicht noch einmal schreiben“. Anfang der kommenden Woche will sich der AfD-Bundesvorstand mit der Aussage beschäftigen.

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