Strompreise womöglich zu hoch: Bezahlen, aber bitte nicht fragen

Munteres Rätselraten bei der Kostenentstehung: Ein Viertel der Stromrechnung von Privathaushalten sei eine „Blackbox“, kritisiert ein Thinktank.

Finger, die einen Stecker in eine Steckdose stecken

Wie sich die Strompreise kalkulieren, ist teils unklar; Verbraucherschützer fordern mehr Transparenz Foto: dpa

Die Kosten des bundesdeutschen Stromnetzes, die Privathaushalte und Firmen tragen, sind möglicherweise überteuert. Dies befürchtet das Institut Agora Energiewende. Was bei den Berechnungen „passiert, wissen wir nicht“, bemängelte Agora-Direktor Patrick Graichen am Mittwoch. Er forderte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf, Transparenz herzustellen, indem das Energiewirtschaftsgesetz geändert wird.

Auf der Stromrechnung eines privaten Durchschnittshaushalts machen die Kosten für das Stromnetz – die großen und kleinen Leitungen zwischen den Kraftwerken und Gebäuden – gut 7 von 29 Cent pro Kilowattstunde (kWh) aus; das sind rund 250 Euro im Jahr. Agora schätzt, dass das 10 oder 20 Euro zu viel sind. Konkret belegen können die Kritiker das aber nicht, weil weder die staatlichen Regulierungsbehörden noch die Netzbetreiber die dafür nötigen Zahlen veröffentlichen.

Graichen bezeichnete die Berechnung der Stromnetzentgelte als „Blackbox“. Prinzi­piell funktioniert das Verfahren so: Die Netzfirmen – etwa Stadtwerke, Regionalversorger oder Höchstspannungstransporteure wie Tennet – melden ihre Kosten beim Staat zur Genehmigung an. Zuständig für kleine Netzbetreiber sind in der Regel die Wirtschaftsministerien der Bundesländer. Bei überregional tätigen Unternehmen entscheidet die Bundesnetzagentur in Bonn.

Die Netzagentur teilt jedoch lediglich mit, welche „Erlösobergrenze“ sie großen Leitungsfirmen zugesteht und welche Eigenkapitalverzinsung darin enthalten ist. Auf Länderebene veröffentlicht nur Baden-Württemberg die genehmigten Gewinne. Die anderen Ministerien verzichten darauf. Dabei gilt als Geschäftsgeheimnis der Firmen, welche Kostenfaktoren in die Berechnung einfließen. In den wenigen veröffentlichten Bescheiden der Netzagentur sind die meisten Zahlen geschwärzt. Vor den Gerichten konnten sich Kläger mit ihrem Anliegen der Transparenz bisher nicht durchsetzen.

Netzentgeltberechnung soll offengelegt werden

Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW teilt die Kritik. „Da es sich um Monopole handelt, gibt es keinen Grund für die angeblichen Betriebsgeheimnisse.“ Er fordert „die Offenlegung der Netzentgeltberechnung“.

Udo Sieverding

„Da es sich um Monopole handelt, gibt es keinen Grund für Betriebsgeheimnisse“

Die Netzentgelte machen insgesamt etwa 24 Milliarden Euro jährlich aus. Das ist etwa so viel wie die früher stark umstrittene Einspeisevergütung für Ökostrom aus Wind- und Solarkraftwerken. Während diese vermutlich bald sinkt, werden die Netzkosten weiter steigen – wegen des nötigen Ausbaus der Stromnetze.

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