Leonie Gubela
Mitarbeiterin der Woche
: Tess Holliday

Zeichnung: Inga Israel

Im Jahr 2016 löschte Facebook das Bild eines Plus-Size-Models in Unterwäsche mit der Begründung, dass darauf Körperteile in einer „unschönen Art und Weise“ dargestellt würden. Die Werbung stimme nicht überein mit den „Gesundheits- und Fitness-Leitlinien“ des sozialen Netzwerks und führe dazu, dass sich Menschen „schlecht fühlen“.

Seit Freitag blickt die Frau, deren Bild damals von Facebook gelöscht wurde, in grünem Badeanzug und mit Kussmund von allen Zeitschriftenständen Großbritanniens. Daneben steht in Großbuchstaben „Ihre Hater können sie am Arsch lecken“. Tess Holliday, 33, ist die erste übergewichtige Frau auf dem Cover der britischen Cosmopolitan.

Wer heutzutage auf den Titeln bedeutsamer Modemagazine erscheinen will, ist nicht mehr darauf angewiesen, große Agenturen im Rücken zu haben. Geschickt angestellt, ist Instagram der beste Ort für Selbstvermarktung. Und so kam es, dass das Plus-Size-Model Tess Holliday sich über die letzten Jahre eine Reichweite verschaffte, die ihr erste Werbedeals und Aufträge in der Modewelt einbrachten.

In sozialen Netzwerken gibt sich Holliday als „Body Positivity“-Aktivistin. Sie proklamiert Selbstliebe und fordert ihre Community auf, nichts auf herkömmliche Schönheitsstandards zu geben. Unter dem von ihr ins Leben gerufenen Hashtag #effyourbeautystandards finden sich über drei Millionen Posts von Frauen, die ihren Körper zelebrieren. Auf die Frage des Guar­dian, ob es nicht paradox sei, selbst Teil einer Industrie werden zu wollen, die auf Schönheitsidealen aufgebaut sei, antwortete sie: „Ist es nicht besser, eine Stimme innerhalb der Branche zu haben, die Missstände anspricht, anstatt dass niemand irgendetwas tut?“

Seit Beginn ihrer Karriere kämpft Holliday regelmäßig gegen Beleidigungen im Netz und wehrt sich gegen Anschuldigungen, einen gefährlichen Lebensstil zu glorifizieren. So sorgte auch das Cosmo-Cover in den britischen Medien für Kontroversen. Kritikern, die das Titelbild als unverantwortlich bezeichneten, warf Holliday Engstirnigkeit vor. „Ich versuche ja nicht, Leute zu rekrutieren. Niemand wird sich dieses Cover anschauen und sagen: Ich möchte auch zunehmen und genauso fett werden“, sagte sie in einem Fernsehinterview.

Trotzdem hätte es als Jugendliche ihr Leben verändert, wenn sie eine Frau mit ähnlichem Körper in einer Modezeitschrift gesehen hätte, schrieb sie auf Instagram. „Ich hoffe, ich kann diese Frau jetzt für andere Mädchen sein.“