Wohnungsbau: Die Platte hat wieder Zukunft

Der Streit um Bäume scheint beigelegt – für neue Wohnungen will der rot-rot-grüne Senat nun dadurch sorgen, dass er Plattenbauten aufstocken lässt.

Auf dem Dach von Plattenbauten sollen zusätzliche Wohnungen entstehen. Foto: dpa

Kein Streit mehr, dafür große Pläne, Plattenbauten aufzustocken: Mit dieser Botschaft sind Linkspartei und Grüne am Dienstag aus der Senatssitzung gekommen. Im Fokus sind dabei vorerst die Flachdächer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge: Hier soll es ab 2019 ein Pilotprojekt geben, möglichst zwei Stockwerke auf Häuser mit fünf oder sechs Etagen, aber auch auf die zehn- und elfstöckigen Hochhäuser aufzusatteln. Die CDU-Fraktion lehnt das ab: Großsiedlungen aufzustocken und damit die Bebauung in schwierigen sozialen Kiezen zu verdichten, „halten wir für den falschen Weg“.

320.000 Quadratmeter Fläche würden die Howoge-Flachdächer bieten, rechnete Stadtentwicklungsssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) vor. Das ist so viel wie 45 Fußballfelder. Eine Etage aufzustocken hält Lompscher für problemlos, bei zwei soll das der Statik wegen in Leichtbauweise passieren. Wie viele Wohnungen konkret auf diese Weise bei der Howoge entstehen können, sagte Lompscher nicht, sie sprach lediglich von einem „großen Potenzial für zusätzliche Wohnungen“. Genaues soll das Pilotprojekt im kommenden Jahr bringen. „Das werden wir schnell machen“, versprach sie.

Einstimmig hatte der Senat am Vormittag das Programm namens „Maßnahmen zur Beschleunigung und Ausweitung des Wohnbaus“ beschlossen, zu denen auch 100 zusätzliche Stellen in den dafür zuständigen Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Umwelt sowie in den Bezirken gehören. Lompscher hatte bei der wenig produktiven Senatsklausur Ende Juni den Auftrag für einen solchen Überblick bekommen.

Eine erste Fassung davon stieß am Donnerstag auf heftigen Widerstand bei den Grünen: Die hatten den Eindruck, Lompscher wolle dem Wohnungsbau massenweise Bäume opfern – und das, nachdem der Senat erst zwei Tage zuvor eine „Charta für das Stadtgrün“ beschlossen hatte. Von einem „Kahlschlag“ sprach Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek gegenüber der taz. Damit eröffnete sich eine neue Konfliktlinie in der rot-rot-grünen Koalition: Zuvor hatten sich Lompscher und die Linkspartei beim Wohnungsbau vorwiegend mit der SPD bekriegt.

Am Dienstag und nach diversen Nachbesserungen saß nun die parteilose, aber Grünen-nahe Umweltsenatorin Regine Günther neben Lompscher in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung und versicherte den Journalisten vor ihr, man habe das Programm „in großem Einvernehmen verabschiedet“. Man habe eine Lösung gefunden, „ohne das Stadtgrün hintanzustellen“, sagte Günther, „das ist kein Freibrief für Baumfällungen, es führt nur zu Vereinfachungen.“

Im Kern geht es darum, dass Bauwillige nicht bis zu einem Jahr mit dem Baubeginn warten müssen, weil sie eine Baumfällgenehmigung wegen noch fehlender Unterlagen nicht bis Beginn der Schonzeit zwischen Anfang März und Ende September bekommen können. Etwas Ähnliches hatten bereits SPD und CDU in der rot-schwarzen Koalition verabredet.

Die Grünen verbuchten es zudem als Erfolg für sich, dass das nun beschlossene Programm ausdrücklich Genossenschaften fördert: Für sie will der Senat 20 Baugrundstücke bereitstellen. Diese Forderung hatte auch der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU) erhoben. Die Förderung der Genossenschaften steht zwar im Koalitionsvertrag, war aber aus BBU-Sicht bislang nicht erfüllt.

Katrin Lompscher, Senatorin

„Großes Potenzial für zusätzliche Wohnungen“

Die Industrie- und Handelskammer begrüßte das Programm zwar grundsätzlich, vermisste aber verbesserte Bedingungen für privaten Wohnungsbau, der laut IHK vier Fünftel des gesamten Berliner Wohnungsbaus trägt. Der werde „weiterhin politisch vernachlässigt“, sagt IHK-Chef Jan Eder.

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