EVP-Spitzenkandidatur Europawahl 2019: Manfred Weber will an die Spitze

Manfred Weber (CSU) will als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei antreten. Sein Ziel: Bei Erfolg der neue EU-Kommissionspräsident werden.

Manfred Weber hebt seine Hand

Manfred Weber muss sich auf schwierige Verhandlungen einstellen Foto: ap

Das Rennen um die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist eröffnet. Am Mittwoch hat der deutsche CSU-Politiker Manfred Weber seine Ambitionen bekanntgemacht – er will bei der Europawahl 2019 als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) antreten, um Präsident der EU-Kommission zu werden. Er wolle „einen Aufbruch zu einem besseren, geeinteren und demokratischeren Europa“, kündigte Weber in Brüssel an.

Die Europawahl 2019 entscheide über die Zukunft der EU, erklärte der 46-Jährige. Es gehe „um die Selbstbehauptung Europas und die Verteidigung unserer Werte, weil wir von außen und innen angegriffen werden. Es geht um das Überleben unseres europäischen Lebensstils.“

Doch aus Paris kam kurz darauf ein empfindlicher Dämpfer für Webers Pläne: Staatschef Emmanuel Macron lehnt das System der Spitzenkandidaten ab – er will die Juncker-Nachfolge anders regeln. Macrons Favoritin ist die amtierende EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager; sie könnte auf einer eigens gegründeten neuen Liste antreten. Auch die Sozialdemokraten im Europaparlament gingen auf Distanz.

Weber scheint dies jedoch nicht zu stören. Er weiß die Spitze der EVP hinter sich, in der CDU und CSU den Ton angeben. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich Weber bei Kanzlerin Angela Merkel in Berlin das Okay für seine Kandidatur geholt. Auch CSU-Chef Horst Seehofer stützt seinen Parteifreund. Dessen Kandidatur sei eine „große Chance“, die Europapolitik stärker zu prägen.

In der eigenen Fraktion umstritten

Bisher hat Weber allerdings wenig Strahlkraft entwickelt. Selbst in Deutschland ist der 46-Jährige kaum bekannt. In der Flüchtlingskrise 2015 lavierte er zwischen Merkel, Seehofer und dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán. Im Machtkampf zwischen Merkel und Seehofer präsentierte er sich als Vermittler. Die CSU habe „Europa gerockt“, erklärte Weber nach Seehofers Angriffen auf Merkel. Durch den Druck, der aufgebaut worden sei, sei Europa in Bewegung gekommen.

Im Europaparlament verhalf er einem Vertrauten des früheren italienischen Premiers Silvio Berlusconi zur Macht: Antonio Tajani wurde mit seiner Hilfe zum Präsidenten der Straßburger Kammer ernannt. Tajanis Wahl gilt bis heute als Fehlgriff. Zudem wird Weber wegen seiner Zusammenarbeit mit Orbáns autoritärer Fidesz-Partei angegriffen. Fidesz ist Mitglied der EVP-Fraktion, die Weber leitet.

Neben Weber könnte etwa der französische EU-Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, antreten

Selbst in seiner eigenen Fraktion ist Weber umstritten. Welchen Rückhalt er in der EVP genießt, wird sich erst Anfang November zeigen: Dann will die konservative Parteienfamilie ihren Spitzenkandidaten für die Europawahl nominieren. Neben Weber könnten auch der französische EU-Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, oder der frühere finnische Premier Alexander Stubb antreten.

Bei der letzten Europawahl 2014 lag die EVP mit 29,4 Prozent der Stimmen vorn. Ihr Spitzenkandidat Juncker wurde mit den Stimmen der Sozialdemokraten gewählt. Allerdings ist unklar, ob EVP und S&D 2019 noch eine Mehrheit zusammen bekommen. In Brüssel rechnet man mit einem Erstarken der Rechtspopulisten. Auch die Liberalen sind im Aufwind; sie könnten sich mit Macron verbünden.

Andere Allianzen

Weber muss sich daher auf schwierige Verhandlungen einstellen – falls er es tatsächlich bis zur Europawahl schafft. „Wer Kommissionspräsident werden will, braucht die Mehrheit im Europaparlament, nicht nur die größte Fraktion“, sagt der Chef der SPD-Gruppe, Jens Geier. Sollte Weber keine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich versammeln, müsse man über andere Allianzen nachdenken.

Die deutschen Genossen bemühen sich bereits um Kontakte zu Grünen und Linken im Europaparlament. Bisher zeichnet sich allerdings kein Linksbündnis ab – fast alle Parteien wollen mit eigenen Spitzenkandidaten in den Wahlkampf ziehen. Ob sich das linke Lager danach auf einen gemeinsamen Herausforderer einigen kann, scheint zweifelhaft.

Die Sozialdemokraten können zwar prominente Anwärter auf die Juncker-Nachfolge vorweisen: Mit Pierre Moscovici, Federica Mogherini und Frans Timmermans denken gleich drei amtierende EU-Kommissare über eine Kandidatur nach. Doch alle drei potenziellen Herausforderer haben den politischen Rückhalt in ihren Heimatländern verloren. In Frankreich, Italien und den Niederlanden sind die Sozialdemokraten in der Versenkung verschwunden.

Es ist unklar, wer am Ende für die Genossen ins Feld zieht und Weber herausfordert. Die Entscheidung soll erst Anfang Dezember auf einem Parteikongress fallen. Erst danach dürfte sich auch zeigen, wie Webers Chancen wirklich stehen.

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