Bürgermeisterwahl: Potsdam wählt ein neues Oberhaupt

In Brandenburgs Landeshauptstadt sind am 23. September Oberbürgermeisterwahlen. Der Kandidat der SPD führt in Umfragen, aber die Parteien liegen eng beieinander.

OB-Wahl in Potsdam Foto: Martin Müller/imago

In wenigen Wochen werden die Potsdamer über ein neues Stadtoberhaupt abstimmen. Das Rennen ist durchaus spannend. Und schon jetzt ist klar, dass sich in Brandenburgs Landeshauptstadt bald einiges ändert. Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD) tritt aus Altersgründen nicht mehr an.

Der Chefsessel im Rathaus wird also so oder so neu besetzt – für acht Jahre. Da die Stadt seit der letzten Wahl 2010 um mehr als 25.000 Einwohner gewachsen ist, könnten sich auch die Kräfteverhältnisse verschoben haben.

Die Wahl hat auch über die Stadtgrenzen hinaus Bedeutung. Denn eine Niederlage in der boomenden Landeshauptstadt mit derzeit 177.000 Einwohnern dürfte für die Landes-SPD ein weiterer Tiefschlag sein. Verliert sie das Potsdamer Rathaus, gäbe es in keiner der vier kreisfreien Städte Brandenburgs mehr einen sozialdemokratischen Oberbürgermeister.

Zuletzt lagen die Sozialdemokraten laut einer Insa-Umfrage im Auftrag der Bild-Zeitung in Brandenburg mit 23 Prozent zwar wieder vorn – allerdings nur knapp vor der AfD mit 21 Prozent. CDU und Linke kamen auf 18 Prozent.

Der Stimmzettel Zwei Frauen und vier Männer wollen am 23. September 2018 bei der Oberbürgermeisterwahl in Potsdam gewinnen und die Nachfolge von Jann Jakobs (SPD) antreten. Neun Bewerber hatten ihren Hut in den Ring geworfen, sechs werden schließlich auf dem Wahlzettel stehen.

Die KandidatInnen Martina Trauth, parteilos, tritt für die Linke an. Mike Schubert für die SPD sowie Götz Friederich (CDU), Lutz Boede (Wählergruppe Die Andere), Janny Armbruster (Grüne) und Dennis Hohloch (AfD).

SPD seit der Wiedervereinigung

So eng wie in den vergangenen Monaten waren die Parteien in den Umfragen noch nie beieinander. Von ihrer einstigen Führungsposition ist die SPD, die in Brandenburg ununterbrochen seit 1990 den Ministerpräsidenten stellt, weit entfernt. Ein Jahr vor der Landtagswahl werden Erfolgserlebnisse gebraucht.

Auch das Potsdamer Rathaus ist seit der Wiedervereinigung in der Hand der Sozialdemokraten. Die vergangenen 16 Jahre regierte dort Jann Jakobs. In seiner Amtszeit wandelte sich die Stadt erheblich. Zuvor war sie noch als Jammerhauptstadt des Ostens tituliert worden. Die Einwohnerzahl war deutlich zurückgegangen, die Industrie verschwunden.

Verliert die SPD, verliert sie im Land den letzten Oberbürgermeister

Inzwischen ist Potsdam eine der am schnellsten wachsenden Städte Deutschlands, in der früheren Preußenresidenz haben sich Begüterte und Prominente niedergelassen und die Touristen kommen in Scharen, um sich das Unesco-Welterbe anzuschauen.

Das Wachstum Potsdams sozialverträglich zu bewältigen und die enormen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zu finanzieren, das dürften die Hauptaufgaben der nächsten Jahre sein. Bisher hat die Stadt den Boom deutlich besser verkraftet als Berlin: Mit Schulen und Kitas ist sie besser ausgestattet, es werden mehr Wohnungen gebaut und die öffentliche Verschuldung ist niedriger.

SPDler ist Spitzenreiter

Als Favorit gilt bei der Wahl der seit zwei Jahren amtierende Sozialbeigeordnete Mike Schubert. Der 44-Jährige ist in ­Potsdam aufgewachsen, war viele Jahre SPD-Fraktionschef im Stadtparlament und ist der bekannteste von allen sechs ­Bewerbern. In seiner Amtszeit als Beigeordneter konnte er sich als Krisenmanager profilieren: So sorgte er für einen größeren Gebetsraum, als Muslime wegen Überfüllung der Potsdamer ­Moschee auf dem Bürgersteig beteten und AfD-Anhänger dagegen mobil machten.

Ob es ihm schadet, dass er auch mit falsch berechneten Kitabeiträgen in Verbindung gebracht wird, ist hingegen offen. Die ungültige Gebührensatzung gab es schon vor seinem Amtsantritt. Kürzlich schlug er vor, 15 Millionen Euro aus der Stadtkasse an die Eltern zurückzuzahlen. Ein Geld­segen, der möglicherweise an der Wahlurne hilft.

Im Wahlkampf setzte Schubert vor allem auf Sozialthemen. Das rasante Wachstum der Stadt will er steuern und vor allem für mehr günstige Wohnungen sorgen.

In die heiße Phase des Wahlkampfs dürfte Schubert als Spitzenreiter gehen. Dafür spricht auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Märkischen Allgemeinen Zeitung von Ende August. Die sah den SPD-Kandidaten bei 29 Prozent. 25 Prozent der Stimmen bekäme die parteilose Kandidatin der Linken, Martina Trauth, die als Potsdams Gleichstellungsbeauftragte in der Stadtverwaltung arbeitet.

Stichwahl möglich

Rechtsanwalt Götz Friederich, Kandidat der CDU, könnte der Umfrage zufolge 18 Prozent für sich verbuchen. Jeweils 10 Prozent entfielen auf Lutz Boede, Kandidat der linksalternativen Wählergruppe Die Andere, und auf Dennis Hohloch (AfD). Die Grüne-Kandidatin Janny Armbruster lag in der Umfrage bei 8 Prozent. Allerdings war rund die Hälfte der Befragten noch unentschlossen. Es geht also noch was.

Schafft es keiner im ersten Wahlgang über 50 Prozent, gibt es eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten. Schubert gilt als gesetzt. Von Bedeutung dürfte sein, wer sein Gegner wird. Die Linke-Kandidatin Trauth dürfte für Wähler der linksalternativen Wählergruppe Die Andere die bevorzugte Wahl sein.

In dieser Konstellation könnten dann Schubert Stimmen aus dem konservativen Lager zufließen und auch von Grünen, die in Potsdam den Linken in herzlicher Abneigung verbunden sind. Tritt Schubert hingegen gegen CDU-Mann Friederich an, dürfte der Sozialdemokrat für Linke und Grüne das kleinere Übel sein.

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