Verbände für bundesweite Überwachung: Wie gesund sind unsere Nutztiere?

Fast jedes vierte Tierprodukt stammt von kranken Tieren, sagen Aktivisten. Sie fordern, die Gesundheit des Viehs auf allen Höfen zu erfassen.

Schweine stehen in einem Stall

Viele ihrer Artgenossen leiden an Schmerzen: Schweine in einem Stall Foto: dpa

BERLIN taz | Tier-, Umwelt- und Verbraucherschützer fordern, dass der Staat kontrolliert, wie gesund das Vieh in allen deutschen Ställen ist. Die Unterschiede seien auch beispielsweise innerhalb der Gruppe der Bio-Betriebe enorm, teilten die Organisationen Vier Pfoten, Greenpeace und Foodwatch am Montag mit.

„Ob Ei, Milch oder Schnitzel – fast jedes vierte Tierprodukt im Handel stammt von einem kranken Tier“, begründeten die Verbände ihren Vorschlag. Wissenschaftliche Studien gingen bei Mastschweinen von Lungenerkrankungsraten um die 50 Prozent und schmerzhaft verdickten Gelenken um die 40 Prozent aus. Bis zu 90 Prozent der Milchkühe erkrankten im Durchschnitt einmal im Jahr, sei es am Euter, an Stoffwechsel-Störungen oder an den Klauen. Viele Masthühner und Puten könnten am Ende der Mast aufgrund ihres schnellen Wachstums nicht mehr richtig laufen. Über 50 Prozent der Legehennen erlitten Knochenbrüche.

Bestimmte Krankheiten werden den Organisationen zufolge vom Haltungssystem verursacht – also etwa, ob das Tier Auslauf hat oder nicht. Eine Rolle spiele auch, wieviel das Vieh leisten muss und wie es gezüchtet wurde. „Einen sehr großen Einfluss auf die Tiergesundheit hat allerdings das Management, also wie der Tierhalter selbst die unterschiedlichen Faktoren gestaltet.“ Deshalb unterscheide sich der Gesundheitsstatus von Hof zu Hof so sehr.

Kritik am geplanten Tierwohlsiegel der Bundesregierung

Die Organisationen verlangten ein bundesweites, betriebsgenaues Tiergesundheitsmonitoring sowie verbindliche Vorgaben für die Verbesserung der Gesundheit von Nutztieren. Für Betriebe, deren Tiere wiederholt sehr schlechte Zustände aufweisen, müsse es rechtliche Konsequenzen geben. Umgekehrt sollten Betriebe, die ein hohes Maß an Tiergesundheit erreichen, dafür finanziell belohnt werden.

Zwar wird bereits jetzt jedes Schlachttier im Schlachthof untersucht. Befunde werden dem Landwirt mitgeteilt. „Was fehlt, ist ein einheitliches System, das vor allem auch zu Konsequenzen für die Tierhalter führt“, verlangten die drei Organisationen. Es reiche auch nicht, dass die Veterinärbehörden im Schnitt jeden landwirtschaftlichen Betrieb nur alle 17 Jahre besuchten.

Das geplante Tierwohlkennzeichen der Bundesregierung greife „viel zu kurz“, da es keine Gesundheitskriterien vorgebe , so die Verbände. Das Siegel werde lediglich formale Haltungsbedingungen wie etwa Auslauf oder Herdengröße vorgeben. Zudem werde es selbst optimistischen Schätzungen zufolge nur 20 Prozent der Nutztiere erreichen.

Der Deutsche Bauernverband wies die Forderungen der Aktivisten zurück.“Das ist billiger Alarmismus und falsch“, teilte Generalsekretär Bernhard Krüsken der taz mit. Es gebe ein flächendeckendes Monitoring, nämlich die Schlachtbefunddatenbank der Branchenorganisation QS. „Die Ergebnisse sprechen eine ganz andere Sprache. In Deutschland dürfen nur Tiere ohne Anzeichen für einen Zustand, der die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigen kann, geschlachtet werden.“ Die Vorwürfe von Vier Pfoten, Greenpeace und Foodwatch schienen auf Skandalisierung ausgerichtet zu sein. „Angstmache und falsch inszenierte Behauptungen sind keine geeignete Grundlage für eine sachliche Diskussion über dieses wichtige Thema“, so Krüsken.

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