BGH zu Urheberrechtsverletzungen: YouTubes Verantwortung?

Wer haftet für Urheberrechtsverletzungen? Die BundesrichterInnen fordern vom Europäischen Gerichtshof eine Entscheidung darüber.

Ein Laptop von oben, auf dessen Bildschirm das Youtube-Loge: ein weißes nach rechts zeigendes Dreieck auf einem roten rechteckigen Hintergrund

Verstößt man gegen das Urheberrecht, wenn man auf Youtube Musikvideos oder Konzertmitschnitt hochlädt? Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss entscheiden, ob YouTube für fremde Urheberrechtsverletzungen haftet. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage jetzt in Luxemburg vorgelegt, weil das deutsche Urheberrecht auf EU-Richtlinien zurückgeht.

Konkret geht es um Musik der englischen Sopranistin Sarah Brightman, die 2008 immer wieder illegal bei YouTube hochgeladen wurde. Frank Peterson, der Produzent von Sarah Brightman, verlangte deshalb von YouTube Schadenersatz. YouTube berief sich auf sein Provider-Privileg. Man hafte nicht für Urheberrechtsverletzungen von Nutzern, wenn man nach einem Hinweis illegale Videos unverzüglich lösche oder sperre.

Ob YouTube neben den eigentlichen Rechtsverletzern, die oft schwer zu ermitteln sind, voll haftet, ist eine der umstrittensten Fragen des Urheberrechts. Die Musikverwertungsgesellschaft Gema hatte vor Jahren auch schon einmal eine gerichtliche Klärung versucht, dann aber im Herbst 2016 einen Vertrag mit YouTube geschlossen, wonach YouTube der Gema Gebühren zahlt. Der Brightman-Fall schien als Möglichkeit, die Frage endlich zu klären. Doch nun muss der EuGH entscheiden.

Der BGH will vom EuGH wissen, ob dessen Urteil im Fall Pirate Bay auf YouTube übertragbar ist. 2017 entschied der EuGH, dass die Plattform Pirate Bay, die einen Index erstellt, welche Werke in Peer-to-Peer-Netzen angeboten werden, selbst Urheberrechte verletzt, weil sie eine „zentrale Rolle“ einnimmt. Hat auch YouTube bei Urheberrechtsverletzungen eine zentrale Rolle inne?

EuGH soll das Thema umfassend behandeln

Der BGH würde dies gerne verneinen, weil YouTube darauf hinweise, dass nur legale Inhalte hochgeladen werden dürfen. Außerdem stelle YouTube den Rechte-Inhabern Hilfsmittel zur Verfügung, mit denen sie auf eine Sperrung von Videos hinwirken können. „Da es um die Auslegung von EU-Recht geht, muss dies aber der EuGH entscheiden“, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch.

Damit der EuGH das Thema umfassend behandeln kann, legte der BGH noch fünf weitere Fragen vor. So soll der EuGH auch klären, ob bei einer etwaigen Haftung von YouTube schon fahrlässiges Handeln genügt, und wenn nicht, wenn also Vorsatz erforderlich sein sollte, ob Kenntnis vom allgemeinen Risiko von Urheberrechtsverletzungen genügt.

Der Streit ist von besonderem Interesse, weil auf EU-Ebene gerade über eine Reform des EU-Urheberrechts diskutiert wird. Auch dort soll die Haftung von Plattformen für Urheberrechtsverletzungen festgeschrieben werden. Der EuGH könnte nun also durch Auslegung des geltenden Rechts das erreichen, was die EU-Gremien durch Änderung der EU-Urheberrechts-Richtlinie erst noch durchsetzen wollen. Kritiker befürchten jedoch, dass eine Haftung von YouTube für Urheberrechtsverletzungen dazu führt, dass dann Upload-Filter zum Standard werden, die nicht zwischen illegalen Kopien und legalen Zitaten und Parodien unterscheiden können.

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