Spionageaffäre bei Berliner Polizei: Adressen für türkischen Geheimdienst

Ein Beamter der Berliner Polizei soll Daten türkischer Oppositioneller verkauft haben. Die Linke fordert: Betroffene müssen informiert werden.

Zwei Polizisten vor dem Hotel Adlon

Zu große Nähe zur Türkei? Berliner Polizisten vor dem Hotel, in dem Recep Tayyip Erdogan nächtigt Foto: reuters

BERLIN taz | Pünktlich zum Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist eine Nachricht durchgesickert, die einer Bombe gleicht: Ein Berliner Polizeibeamter soll türkische Oppositionelle in der Hauptstadt für den türkischen Geheimdienst ausspioniert haben. Nach Informationen der taz handelt es sich um einen hochrangigen Polizeibeamten. Gegen materielle Gegenleistungen soll er Namen, Geburtsdaten und Adressen aus dem Melderegister an den Geheimdienst verkauft haben.

Der Berliner Tagesspiegel hatte den Vorgang bekannt gemacht. Dem Blatt zufolge war der Beamte von deutschen Sicherheitsbehörden beobachtet worden. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte am Donnerstag: Zurzeit gebe es „keine Erkenntnisse zu einer möglichen Gefahrenlage für die türkischstämmigen Berlinerinnen und Berliner. Sollte sich das ändern, ist die Berliner Polizei auch darauf vorbereitet.“

Die Polizei hatte den Verdacht zunächst in einer Meldung auf Twitter bestätigt. Am Donnerstag ergänzte Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik: „Sollte sich der Tatvorwurf erhärten, werde ich alles daran setzen, diese Person aus dem Dienst der Polizei Berlin zu entfernen.“ Sie hoffe, „dass die zuvor schon eingeleiteten Ermittlungen trotz der Veröffentlichungen noch erfolgreich sind“.

Offenbar sind die verdeckten Ermittlungen der Polizei durch Medienanfragen bei sensiblen türkischen Stellen vorzeitig bekannt geworden sind. So könnte der Beamte vor Ermittlungen gegen ihn gewarnt worden sein. Das Ganze soll sich vor einigen Tagen abgespielt haben. Gerüchten zufolge wurde der Beamte inzwischen freigestellt, offiziell bestätigt ist das nicht.

Alle Personen, die von der Weitergabe ihrer Daten durch den Polizeibeamten an den türkischen Geheimdienst betroffen seien, müssten von der Polizei umgehend informiert werden, forderte Hakan Taş am Donnerstag. Der innenpolitische Sprecher der Berliner Linkspartei ist kurdischer Abstimmung und setzt sich seit Jahren für türkische Regimekritiker ein.

Spionage ist kein Geheimnis

Viele Oppositionelle leben in Berlin, in der Türkei drohen ihnen zum Teil empfindliche Gefängnisstrafen. Dass sich der türkische Geheimdienst für diese Leute interessiert, ist kein Geheimnis. Wiederholt hat Ankara schon Listen mit Angaben über vermeintliche Gegner an deutsche Sicherheitsbehörden geschickt.

Taş geht davon aus, dass über 6.000 Menschen in Deutschland für den türkischen Geheimdienst arbeiten. Dabei handele sich nicht nur um Angestellte von Botschaften und Konsulaten, auch über die Ditib-Moscheen würden Leute ausgespäht und Informationen weitergeben. Eine Folge davon sei, dass manch einer bei der Wiedereinreise nach Deutschland Probleme bekomme.

Auch Taş gilt dem Erdogan-Regime als Vaterlandsverräter. Ende 2017 wurde er in Berlin-Kreuzberg von hinten zu Boden geschlagen. der Parlamentarier erlitt eine Platzwunde am Kopf. Der oder die Täter entkamen unerkannt. Es müssten nicht zwangsläufig Anhänger der AKP gewesen sei, sagt Taş. Es könnten auch Neonazis gewesen sei.

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