Berliner Wochenrückblick I: Stecknadeln im Heuhaufen

Dieselverbote auf kurzen Abschnitten weniger Hauptstraßen, wie diese Woche beschlossen, bringen gar nichts – außer mehr Abgase durch längere Wege.

Wie kriegt man die Stinker von der Straße? Foto: dpa

DieselfahrerInnen konnten am Dienstag aufatmen: Da entschied das Verwaltungsgericht, den Senat zum zügigen Erlassen von Fahrverboten zu verdonnern – für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklassen bis Euro 5.

Wieso dann aufatmen? Ganz einfach: Die Verbote werden vorläufig nur Abschnitte von acht Hauptverkehrsstraßen betreffen, vielleicht noch ein paar mehr – das haben die Richter der Verkehrsverwaltung zur Prüfung aufgegeben. Betrachtet man diese Abschnitte auf einem Stadtplan, sehen sie aus wie Stecknadeln im Heuhaufen. Diese Verbote bringen: gar nichts.

Selbst wenn sich alle betroffenen DieselfahrerInnen daran hielten, würde das zwar die Luftbelastung mit Stickstoffdioxid auf ein paar hundert Metern Straße senken. Aber gleich nebenan – dort, wohin die Fahrzeuge ausweichen würden – stiege sie. In der Summe bliebe die Schadstofflast in der Innenstadt gleich oder erhöhte sich sogar, weil Umwege eben länger sind als Direktverbindungen.

Kontrollen undurchführbar

Das Wahrscheinlichste ist allerdings: Viele, vielleicht die meisten, werden auf die Verbote pfeifen. Weil ernst zu nehmende Kontrollen einen absurden Aufwand bedeuten würden. Unzählige Polizeibeamte müssten Tausende von Fahrzeugen an den Rand winken, um festzustellen, ob überhaupt eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Und natürlich würden die einschlägigen Radiosender in Echtzeit vor solchen Kontrollen warnen.

Die berühmte blaue Plakette, die Verkehrssenatorin Regine Günther seit Jahr und Tag fordert, könnte das Prozedere ein wenig erleichtern, wird aber so schnell nicht kommen. Wirklich Sinn hat auch sie im Übrigen nur, wenn das Verbot gleich für die gesamte Umweltzone gälte. Dann wären selbst geparkte Schmutzdiesel identifizierbar. Das Gericht hat diese Variante aber verworfen.

Insofern war der Dienstag kein allzu „guter Tag für saubere Luft“, wie Jürgen Resch, Chef der klagenden Deutschen Umwelthilfe, meint. Zwar kündigte ihr Anwalt an, die Verkehrsverwaltung müsse bis März herausfinden, ob sie das NO2-Problem trotz der zu erwartenden Ausweichverkehre in den Griff bekomme, und wenn nicht, doch ein „zonales Fahrverbot“ erlassen. Das ist letztlich Gesichtswahrung: Denn passieren wird es nicht.

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