Angespannte Beziehung zu Israel: Merkels heikle Mission

Nach der Absage im vergangenen Jahr ist die Kanzlerin nun samt Kabinett nach Israel gereist. Viele ungelöste Konflikte überschatten das Treffen.

Palästinensische Kinder halten Poster mit einem Porträt der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel

Hoffnung in Merkel: Palästinensische Kinder aus Beduinendorf mit Porträt der Kanzlerin Foto: ap

JERUSALEM taz | Komplett in Ordnung sind die israelisch-deutschen Beziehungen nicht. Trotzdem wollen die Regierungen beider Länder ihre Probleme wieder gemeinsam angehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwochabend mit ihrem Kabinett in Israel gelandet. Für Donnerstag sind Gespräche mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie zwischen Ressortvertretern und ihren jeweiligen Amtskollegen vorgesehen. Ein Schwerpunkt der Konsultationen soll auf den Bereichen Wirtschaft, Innovation und Technologie liegen.

Im Mai letzten Jahres waren die seit 2008 regelmäßig abgehaltenen Konsultationen ausgefallen – offiziell aus Termingründen. In Israel vermutete man hingegen, dass die Absage der Kanzlerin mit einem kurz zuvor von der Knesset verabschiedeten Gesetz zusammenhing. Dieses ermöglicht es, ungenehmigt errichtete Siedlungen rückwirkend zu legalisieren. Israels Siedlungspolitik im besetzten Westjordanland gab wiederholt Anlass zum Streit zwischen Israel und Deutschland.

Auch Sigmar Gabriel, damals Bundesaußenminister, hatte im April letzten Jahres für Verstimmung gesorgt. Er hatte sich über die Warnungen Netanjahus hinweggesetzt und bei einem Besuch in Israel Vertreter zweier regierungskritischer Organisationen getroffen. Netanjahu sagte daraufhin sein Treffen mit Gabriel ab.

Im Frühjahr dieses Jahres dann äußerte sich die Kanzlerin „besorgt“ angesichts der Eskalation im Gazastreifen. Seit März haben Scharfschützen fast 200 Demonstranten in der Grenzregion erschossen. Tausende Palästinenser trugen schwere Verletzungen davon. Erst am Wochenende starben ein 12- und ein 14-Jähriger bei Protesten.

Aktuell droht außerdem die Räumung des Dorfes Khan al-Ahmar im Westjordanland. Am Montag endete ein Ultimatum für die dort seit Jahrzehnten lebenden Beduinen. Sie sollten ihre Behausungen selbst abreißen, forderte die israelische Regierung. Berlin warnte vor dem Abriss und dem Bau einer neuen Siedlung, der „die Umsetzbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung“ erschweren würde. Kinder des Dorfes bastelten diese Woche Plakate mit dem Bild der Kanzlerin und der Aufforderung: „Retten Sie Khan al-Ahmar.“

Merkel widerspreche sich selbst

Efraim Zuroff, Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, kritisierte im Vorfeld der Regierungskonsultationen die Kanzlerin. Sie widerspreche sich selbst, wenn sie sich einerseits zu Israels Sicherheit verpflichte, auf der anderen Seite aber weigere, neue Sanktionen gegen Iran zu verhängen, sagte er in einem Interview mit dem von israelischen Siedlern betriebenen Radiosender Arutz Sheva.

Amira Hass (Haaretz)

„Die deutschen Minister ignorieren, dass ein wesentlicher Teil der israelischen Technologie, des Militärs und der Nachrichtendienste zur Aufrechterhaltung der Besatzung beitragen“

Das Atomabkommen mit Iran, auf das Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu jüngst in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung einging, ist ein weiterer zentraler Konfliktpunkt. Netanjahu beschuldigt Teheran, geheime nukleare Atomlager zu unterhalten. Israel drängt zu Veränderungen des Abkommens, allen voran sollten bessere Kontrollen möglich sein.

Auch der jüngste Alleingang von US-Präsident Donald Trump, der Jerusalem als Hauptstadt Israels erklärte und im Mai offiziell die Botschaft dorthin umziehen ließ, sorgte für Misstöne zwischen Berlin und Jerusalem. Merkel hält daran fest, dass der Status Jerusalems im Rahmen einer Friedenslösung festgelegt werden sollte.

Die Streichung der US-Gelder an das UN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA sehen die beiden Regierungen ebenfalls unterschiedlich. Während Netanjahu die Entscheidung Trumps begrüßte, sprang Bundesaußenminister Heiko Maas aus Sorge vor einer weiteren Zuspitzung der wirtschaftlichen Not im Gazastreifen umgehend mit Ersatzzahlungen ein.

Amira Hass von der links-liberalen Tageszeitung Haaretz knüpft wenig Hoffnung an den Besuch aus Berlin: „Einige Minister werden etwas über Menschenrechte murmeln.“ Die Antwort werde sein, dass Israel die einzige Demokratie in der Region ist. „Die deutschen Minister ignorieren, dass ein wesentlicher Teil der israelischen Technologie, des Militärs und der Nachrichtendienste zur Aufrechterhaltung der Besatzung beitragen.“

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