Proteste nach Sparplan in Argentinien: Auf Geheiß des IWF

Argentiniens Parlament beschließt umfassende Haushaltskürzungen. Gewerkschaften und Basisorganisationen protestieren.

Ein maskierter Mann wirft einen Stein. Hinter ihm brennt es.

Vor dem Parlament fliegen Steine, drinnen geht die Abstimmung weiter Foto: Reuters

BUENOS AIRES taz | Argentiniens Präsident Mauricio Macri kann aufatmen. Wenn der Gouverneursrat des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Freitag abschließend über das 57-Milliarden-Dollar-Kreditabkommen entscheidet, kann der Präsident auf einen ersten Erfolg bei der Umsetzung der IWF-Vorgaben verweisen. Am Donnerstag stimmte das Abgeordnetenhaus nach 17 Stunden heftiger Debatte seinem rigorosen Sparhaushalt zu.

In Lebensgröße und mit Präsidentenschärpe war IWF-Chefin Christine Lagarde bei der Abstimmung dabei. Die Abgeordnete Victoria Donda hatte die Pappfigur mitgebracht: „Diesen Haushaltsentwurf hat der IWF aufgestellt, nicht die Regierung“, sagte sie vor der Abstimmung. Die Sparmaßnahmen seien eine direkte Folge des vom Fonds verlangten Anpassungsprogramms. Der einzige Haushaltstitel, der angehoben werde, sei der Schuldendienst, und zwar um 10 Prozent.

Seit Jahren ist Argentiniens Staatshaushalt defizitär. 2017 lag das Defizit bei 3,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Bereits dieses Jahr will die Regierung eine Reduzierung auf 2,7 Prozent erreichen.

Durch Kürzungen in Höhe von rund 10,6 Milliarden Dollar soll im kommenden Jahr die Null stehen. Das Gros der Einsparungen wird durch Subventionsabbau beim öffentlichen Transport und den Strom- und Gastarifen erreicht sowie durch die Streichung geplanter staatlicher Infrastrukturmaßnahmen.

Mauricio Macri: Magere Bilanz

Betroffen ist auch der ohnehin schon prekäre Bildungsbereich, der im kommenden Jahr mit rund 8 Prozent weniger auskommen muss. Dagegen sind bei Rente und Sozialhilfe keine Kürzungen vorgesehen, das scheint politisch zu riskant. Denn 2019 steht die Präsidentschaftswahl an, und Macris Bilanz ist äußerst defizitär. „Nach der jetzigen Prognose wird Macri seine vier Jahre Amtszeit mit weniger Wirtschaftswachstum, mehr Inflation und einer höheren Verschuldung beenden als seine Vorgängerin Cristina Kirchner von 2011 bis 2015“, sagt der Wirtschaftsexperte Miguel Ángel Broda.

Gewerkschaften und Basisorganisationen aus dem informellen Sektor hatten eine Mahnwache vor den Kongress angekündigt. Aber noch während sie sich für den Protestmarsch formierten, lieferten sich knapp 300 Demonstrierende vor dem Kongress eine einstündige heftige Auseinandersetzung mit der Polizei. Steine flogen, Mülltonnen brannten, Wasserwerfer und Tränengas wurden eingesetzt. Mindestens 27 Personen wurden vorübergehend festgenommen, darunter vier Nicht-Argentinier, denen jetzt die sofortige Abschiebung droht.

Victoria Donda, Abgeordnete (Frente Amplio Progresista)

„Diesen Haushalt hat der IWF aufgestellt, nicht die Regierung“

Während Demonstrierende und Teile der Opposition der Regierung gezielte Provokation vorwarfen, um den Protest vor dem Kongress zu verhindern, sprachen Regierungsabgeordnete von einem Versuch, die Parlamentsdebatte zu verhindern.

Fakt ist, Gewerkschaften und Basisorganisationen zogen ab, der große Aufmarsch vor dem Kongress blieb aus, und die Sitzung wurde nach zweimaliger Unterbrechung fortgesetzt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.