Bremen attackiert Firmenwagen-Privileg: Ein bisschen Klassenkampf

Per Bundesratsinitiative will der Bremer Senat die Absetzbarkeit von Dienstwagen begrenzen – und so für Steuergerechtigkeit und weniger Emissionen sorgen.

Schwarze Dienstwagen auf einem Parkplatz.

Sollen nach dem Willen des Bremer Senats nicht mehr unbegrenzt abzugsfähig sein: Dienstwagen Foto: dpa

BREMEN taz | Wenn es nach der Bremer Finanzbehörde geht, müssen die deutschen Angestellten nicht um ihre Villen im Tessin, wohl aber um ihren Maybach und Rolls Royce fürchten: Heute berät der Senat über eine Bundesratsinitiative, die das Firmenwagen-Privileg eindämmt. Die Beschlussvorlage regt an, dass die Anschaffung von Wagen nicht mehr unbegrenzt, sondern nur noch bis zu einem Preis von 150.000 Euro abzugsfähig sein sollte.

Im Normalfall muss das in der heutigen Senatssitzung beschlossen werden: Der Entwurf hatte fristgerecht allen Ressorts vorgelegen. Bedenken wurden nach taz-Informationen keine angemeldet – obwohl Bremen sich doch als Automobilstandort in Szene setzt. Kritik zieht der Entwurf trotzdem auf sich: Obwohl man sich bei der Finanzsenatorin „einen ökologischen Lenkungseffekt“ und so einen „Beitrag zur Reduzierung der Emissionen“ von der Deckelung verspricht, lehnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den Vorstoß ab.

Das könnte überraschen, denn die DUH durchleuchtet seit Jahren das deutsche Dienstwagenunwesen, und „ja, das ist die richtige Baustelle“, sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. „Es ist sogar das richtige Mittel.“ Aber: „Was dort als Höchstbetrag vorgesehen ist, ist völlig absurd.“ Selbst höchst repräsentative Oberklasse-Fahrzeuge gebe es schließlich für weitaus weniger Geld. „Wer in der Steuererklärung für seine Fahrten zur Dienststelle nicht die kürzeste Strecke angibt, riskiert ja auch Ärger mit dem Finanzamt“, so Resch.

Er regt deshalb an, eine Summe von nicht über 50.000 Euro und, nach britischem Vorbild, die Einhaltung der CO2-Obergrenzen zur Bedingung für die staatliche Dienstwagenförderung zu machen. „Damit hätte man die Chance, die Innovationsrichtung zu beeinflussen“, so Resch.

Laut Bundesfinanzgerichtshof (BFH VIII R 20/12) sind bei der Überprüfung, ob ein Firmenwagen angemessen ist, „alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen“.

Eigentlich immer angemessen ist der neue BMW 8er (ab 100.000 Euro, ab 320 PS und 224 g/km CO2): Alle 160 seit Launch im Juni zugelassenen Wagen sind Firmenautos.

Ähnlich gut für Unternehmen geeignet: Der Rolls Royce Phantom, (ab 426.250 Euro, 460-571 PS, 377-380 g/km CO2) 52 Neuanmeldungen 2018, alle geschäftlich.

2.240 der 2.446 Audi A8 und S8 (ab 90.600 Euro, 286-585 PS, 156-148 g/km CO2 laut Hersteller, 222 g/km laut DUH), die 2018 neu zugelassen wurden, sind Firmenwagen – sprich 91,6 Prozent.

Die Marktmacht ist enorm: Tatsächlich sind laut Kraftfahrtbundesamt fast zwei Drittel der neuen Autos für gewerbliche Halter zugelassen. Das einzige PKW-Segment, in dem Privatnutzer*innen die Mehrheit bilden, sind Wohnmobile. Schon 2011 kommt anhand dieser notorischen Werte eine Studie des Kölner Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts (Fifo) zu dem Schluss, dass es sich bei dem Dienstwagenprivileg um „die größte Steuervergünstigung in Deutschland“ handele. Sie führe zu „starken Verzerrungen in der Konsumwahl“ und verschulde „umfangreiche Treibhausgasemissionen“. Zudem habe sie einen deutlich regressiven Charakter, sprich: „Die Subventionshöhe steigt mit dem Einkommen der Begünstigten.“

Je reicher, desto mehr Kohle vom Staat: Das ist das Gegenteil von Steuergerechtigkeit. Und nur in Einzelfällen verbietet der Bundesfinanzgerichtshof auch mal einem Kleintierarzt, die Kosten für seinen Ferrari Spider vollumfänglich als Betriebsausgaben geltend zu machen. Hier setzt der Entwurf der Finanzsenatorin an: Denn Luxus-Limousinen seien weit häufiger noch als der Rest als Firmenfahrzeuge registriert. Bei 86,5 Prozent liegt der Anteil bislang im Jahr 2018, im Jahr 2017 waren es 84 Prozent der Oberklasse-Autos. Und „einige Fahrzeugtypen der Oberklasse werden fast ausschließlich als Firmenwagen angeschafft“, heißt es im Entwurf.

Wenigstens die würde man erfassen. Zugleich versucht man, mit der zögerlichen Begrenzung rechtlich auf der sicheren Seite zu bleiben: Es gelte „den in der Steuerrechtsprechung anerkannten Repräsentationsbedürfnissen der Unternehmen“ Rechnung zu tragen, gibt der Entwurf zu bedenken. Um den Vorstoß in den Bundesrat zu bringen, braucht Bremen die Zustimmung mindestens eines weiteren Bundeslandes. Brandenburg und Thüringen gelten als mögliche Unterstützer.

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