Das Ziel: Eine SPD, die man gerne wählen würde

Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange stellt ihr Buch zur Zukunft der Partei vor

Aus Berlin Dinah Riese

In der CDU hat der Wettlauf um Merkels Nachfolge begonnen, und auch die SPD sinniert nach den Wahlschlappen in Bayern und Hessen über die Zukunft. Generalsekretär Lars Klingbeil schreibt auf t-online.de, die Partei müsse sich „radikal verändern“ – über Personalfragen aber schweigt die Parteispitze.

Anders Simone Lange. Und so scharen sich die Journalist*innen am Dienstag in Berlin um die Flensburger Oberbürgermeisterin; es ist ein gut gewählter Termin für die Präsentation ihres Buchs mit dem Titel: „Sozialdemokratie wagen! Neue Politik für Deutschland und die SPD“.

Im Frühjahr 2018 trat Lange bei der Wahl zur Parteivorsitzenden gegen Andrea Nahles an – und fuhr ein respektables Ergebnis von 28 Prozent ein. Früh sprach Lange sich gegen die Große Koalition aus. In ihrem Buch fordert sie nun eine radikale Reform der SPD – nicht umsonst die Anlehnung an Willy Brandts Ausspruch „Mehr Demokratie wagen“. Ein wenig ist das Buch auch eine persönliche Abrechnung.

Sie habe mit ihrer Kandidatur etwas in den Augen der Führungsriege „Unverzeihliches“ getan, schreibt Lange: Sie habe den Vorstandsbeschluss, dass Andrea Nahles „gefälligst Parteivorsitzende werden soll“, ignoriert. Dafür habe die Parteispitze sie abgestraft. „Ein wenig tun sie mir leid, wie sie bemüht über mich hinwegzusehen versucht haben.“

Teils klingt dieser nachtragende Ton auch am Dienstag an. Vor allem aber beschreibt Lange gut gelaunt, wie man es von Sozialdemokrat*innen kaum noch gewohnt ist, was aus ihrer Sicht nun passieren müsse: Die gesamte Führung solle zurücktreten, die neue müsse von der Basis gewählt werden. Und dann müsse man sich „aus der Großen Koalition in einem geordneten Verfahren verabschieden“.

„Die Urwahl muss jetzt kommen“, sagt Lange. „Wenn man ausruft, Politik für viele und nicht für wenige zu machen, dann muss man in der eigenen Partei damit anfangen.“ Ob sie selbst sich um eine Führungsposition bemühen wolle, lässt Lange auf Nachfrage offen.

Die Leute glaubten der SPD nicht mehr, auch wenn sie ein gutes Programm habe, sagt Lange. Und: Ihre Partei müsse anfangen, Fehler zu reflektieren – etwa die Agenda 2010. „Die Sozialdemokratie hat an dieser Stelle ihre Werte verraten. Das hätte längst korrigiert werden müssen.“

Lange unterstützt Sahra Wagenknechts Sammlungsbewegung „Aufstehen“. In der Migrationsfrage etwa sei sie ganz anderer Meinung als Wagenknecht, sagt sie, aber es sei doch wichtig, das offen auszutragen – das unterstreiche ihre Forderung nach Meinungspluralität.

Die SPD sei zu retten, sagt Lange. Aber dafür müsse schnell etwas passieren. „Die Menschen sehnen sich nach einer Sozialdemokratie, die sie gerne wählen würden.“