Berliner Bundesratsinitiativen: Angeschoben oder abgeschoben?

Ob mehr Mieterschutz oder mehr Solarzellen auf Dächern: Für viele Ideen von Rot-Rot-Grün müssten Bundesgesetze verändert werden. Wie stehen die Chancen?

Michael Müller im Bundesrat

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller – bis Ende Oktober war er Bundesratspräsident Foto: dpa

Bessere Mietpreisbremse

Mit dem Gesetzesantrag zur Modernisierung des sozialen Mietrechts will Berlin im Wesentlichen die Mietpreisbremse verschärfen. Die Ausnahme bei einer Vermietung nach umfassender Modernisierung soll gestrichen werden. Die Modernisierungsumlage soll zudem auf die energetische Modernisierung sowie die Minderung von Barrieren beschränkt und von 11 auf 6 Prozent gesenkt werden. Geht es nach Berlin, darf die Miete nur noch um maximal 15 Prozent in fünf Jahren steigen, bisher sind es drei Jahre.

Status: Die Initiative wurde im Juli im Bundesrat vorgestellt und liegt seitdem in den Ausschüssen.

Erfolgschance: Die Bundesregierung hat selbst einen Vorschlag zur Mietpreisbremse eingebracht, der weit hinter den Berliner Vorschlägen zurückbleibt. Im Kern geht es dabei darum, Auskunftspflichten für Vermieter festzuschreiben. Die Berliner Initiative dürfte keine Chance haben.

Das recht der Gesetzesinitiative haben nicht nur die Bundesregierung und der Bundestag: Auch Bundesrat, das Gremium aller 16 Landesregierungen, kann Gesetze anschieben. Beschließt die Länderkammer einen Gesetzentwurf, wird dieser der Bundesregierung zugeleitet. Für ein gelingendes Vorhaben muss dann auch der Bundestag zustimmen.

Schwule entschädigen

Bis 1994 wurden selbst einvernehmliche homosexuelle Handlungen strafrechtlich verfolgt. Vor etwas mehr als einem Jahr beschloss der Bundestag, die nach Paragraf 175 ergangenen Urteile aufzuheben und die Opfer zu entschädigen.

Weil das bislang nur in 78 Fällen geschah, will Berlin nun nachbessern: Opfer sollen auch dann eine Entschädigung bekommen, wenn sie nicht strafrechtlich verurteilt, aber dennoch in Mitleidenschaft gezogen wurden – wenn sie beispielsweise in Untersuchungshaft saßen, in ein Heim eingewiesen wurden oder nicht studieren durften.

Status: Vorstellung im Plenum im September, im Oktober vertagt.

Erfolgschance: Ob sich die CDU bewegt und damit auch zugibt, dass das vor einem Jahr beschlossene Gesetz kaum Wirkung hat, ist mehr als fraglich. Der Antrag dient wohl eher dazu, die Debatte am Laufen zu halten.

Schutz für Gewerbemieter

Schon für MieterInnen reicht der Schutz vor Immobilienspekulanten oft nicht aus. Doch Gewerbemietern geht es noch schlechter, sie können jederzeit grundlos gekündigt werden. Vor allem in der Innenstadt ist der Einzelhandel in Bedrängnis.

Die Bundesregierung wird mit der Initiative aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die insbesondere kleine Unternehmen, Einzelhändler, Handwerker und soziale Einrichtungen schützen. Berlins Vorstellung: Nach einer Modernisierung des Gewerbemietrechts soll ein gesetzlicher Anspruch auf eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu den bisherigen Konditionen bestehen.

Status: Der Bundesrat hat die Initiative am 21. September angenommen.

Erfolgschance: Die Bundesregierung ist zwar nicht als mieterfreundlich bekannt, aber der Mittelstand ist ihr Lieblingskind. Ein Entgegenkommen scheint möglich.

Urbane Energiewende

Berlin will mehr Klimaschutz in den Metropolen: mit Solaranlagen auf Dächern, besseren Bedingungen für Anlagenbetreiber von Kraft-Wärme-Kopplung oder mehr Möglichkeiten für Mieterstrommodelle. Die lokale Stromproduktion ist bislang auf Gebäude beschränkt, die zu mindestens 40 Prozent aus Wohnfläche bestehen. Der Senat will diese Begrenzung aufheben, Mieterstrom auch für Gewerbegebäude und ganze Quartiere ermöglichen.

Status: Der Bundesrat hat die Initiative auf seiner Sitzung am 19. Oktober mit breiter Mehrheit beschlossen.

Erfolgschance: Großzügige Regelungen für Solaranlagen bringen ökonomische und ökologische Motive zusammen. Eine Zustimmung auch im Bundestag ist möglich.

Diesel nachrüsten

Ab kommendem Sommer greifen in Berlin Fahrverbote auf acht Straßen. Rund 220.000 Dieselfahrer wären betroffen. Gemeinsam mit Brandenburg und Hessen fordert Berlin die Bundesregierung auf, die Autohersteller gemäß dem Verursacherprinzip zu einer Nachrüstung der Fahrzeuge zu verpflichten. Das sei technisch machbar, heißt es in dem Antrag. Die Nachrüstung soll auf Kosten der Hersteller erfolgen.

Status: Der Bundesrat hat die Initiative am 19. Oktober angenommen.

Erfolgschance: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist skeptisch. Eine Nachrüstung sei laut den Herstellern schwierig. Die Bundesregierung wird sich wohl nicht trauen, die Autoindustrie damit zu belasten.

Gegen Hartz-Sanktionen

erlin will die Sanktionen für Menschen unter 25 Jahren, die Hartz IV beziehen, abschaffen. Auch Bedarfsgemeinschaften mit Kindern und Jugendlichen sollen in Zukunft nicht mehr sanktioniert werden. Zudem sollen die Kosten der Unterkunft in jedem Fall geschützt sein: Der Senat will damit verhindern, dass bestimmte Sanktionen zum Verlust der Wohnung führen.

Status: Die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen haben einen entsprechenden Antrag für eine Bundesratsinitiative ins Abgeordnetenhaus eingebracht.

Erfolgschance: Im Bundesrat dürfte es schwierig werden. Kaum auszudenken, dass etwa die CDU, gegen die derzeit keine Mehrheit möglich ist, dafür stimmen wird.

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