Kommentar Koalition in Bayern: Ein mutloses „Weiter so“ im Freistaat

Der CSU geht es in Bayern nur um den nackten Machterhalt und der Koalitionspartner Freie Wähler macht es ihr das möglich.

Markus Söder spricht in ein Mikro, schräg hinter ihm steht Hubert Aiwanger

Meister Söder und sein Königsmacher Foto: dpa

Weitgehend visionslos hat sich in Bayern die Spezi-Koalition zusammengefunden aus der schwarzen CSU und den orangenen Freien Wählern (FW). Es ist ein alt-bürgerliches und pragmatisches Bündnis, sehen die Christsozialen die Truppe um Hubert Aiwanger doch als so etwas an wie die entfremdete Verwandtschaft vom Lande. Für den Ministerpräsidenten Markus Söder ist es ein bequemes Bündnis, es ändert sich nicht allzu viel im Freistaat. So lässt sich auch verschleiern, dass die CSU mit ihren 37,2 Prozent mehr als zehn Prozent verloren hat und damit längst nicht mehr den absolut-bayerischen Machtanspruch besitzt.

Jenseits des „Weiter so“ will Schwarz-Orange die Kinderbetreuung finanziell stärker unterstützen. Gut so. Und die neue Staatsregierung verabschiedet sich, zumindest zeitlich begrenzt, von der dritten Startbahn für den Münchner Flughafen. Auch gut so. Nebenbei gesagt, ist das ganz in Söders Sinn, er hat diesen großen, auch gesellschaftlichen Streitfall vom Hals. Doch die knallharte bayerische Sicherheitspolitik bleibt bestehen, das Polizeigesetz bleibt, die entwürdigende Behandlung von Flüchtlingen bleibt. Das alles ist schlecht so.

In den heißen Spätsommer-Wahlkampfwochen flirrte eine Vision durch Bayern, von der viele regelrecht berauscht schienen: Schwarz-Grün im Freistaat, eine Art historischer Brückenschlag zwischen den einst dumpfen CSUlern und deren protestierenden Antipoden, die sich bei den Grünen sammelten. Das Beste aus beiden Welten zusammenfügen, meinte Grünen-Spitzenmann Ludwig Hartmann. Man träumte von einer „neuen CSU“.

Beim ersten und einzigen Sondierungstreffen saß man aber der ganz alten CSU gegenüber: Markus Söder, Horst Seehofer und dem Betonpfeiler Thomas Kreuzer, bestätigter Fraktionsvorsitzender. Söder und Co. geht es nicht um Visionen, es geht ihnen um die Fortführung der Macht, und zwar so reibungslos wie möglich. Auch dieser CSU haben sich die Grünen in einer Weise angeboten, dass es die Grenze zur Peinlichkeit überschritt. Es zeugte schon von einer gewissen Hybris zu glauben, man könne die Christsozialen wegzerren von Law and Order und ihrer radikalen Haltung in der Flüchtlingspolitik.

Nein, die Regierungsbank ist nicht der Platz für die bayerischen Grünen. Sie sind stärkste Oppositionsfraktion, und sie müssen in weiten Teilen die zerbröselte SPD ersetzen, die für eine wirkungsvolle Arbeit gar nicht mehr genug Leute im Landtag hat. Sie stehen für die weltoffen-liberal-soziale Opposition im Freistaat. So greifen grüne Gedanken, etwa in der Ökologie, besser um sich als in einem absehbar dauerzänkischem und zum Scheitern verurteilten Pakt mit der CSU.

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Lebt in München, schreibt über mögliche und unmögliche bayerische Begebenheiten. Jahrgang 1967, aufgewachsen im Stuttgarter Raum. Studierte in München und wurde dort zum Journalisten ausgebildet. Es folgten viele Jahre als Redakteur in Ulm, zuständig für Politik und Reportagen. Nun frei atmend und frei arbeitend in der Bayern-Metropole.

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