Mexikanischer Drogenboss „El Chapo“: Kleiner Mann – was nun?

Als Bauernsohn geboren, wurde er mit dem Drogenhandel Milliardär. Nun steht „El Chapo“ vor Gericht. Mexikanische Politiker zittern.

Zwei Polizisten mit "El Chapo"

Doch noch im Griff der Behörden: Drogenboss Joaquin Guzman Loera alias „El Chapo“ Foto: dpa

BERLIN taz | Das Video ging im Juli 2015 im Minutentakt durch die Medien: Ein etwas untersetzter Mann geht in einer Zelle auf und ab, verschwindet plötzlich hinter einer Mauer und taucht nicht mehr auf. Die Wand sollte Joaquín Guzmán ­Loera beim Duschen vor der Überwachungskamera schützen. Doch Mexikos berühmtester Drogenboss nutzte sie, um über einen 1,5 Kilometer langen Tunnel aus dem bestbewachten Gefängnis des Landes zu flüchten.

Wieder einmal hatte „El Chapo“ – der Kurze – wie der 61-jährige Guzmán wegen seiner geringen Körpergröße genannt wird, die Strafverfolger ausgetrickst. Besser gesagt: Wieder einmal konnte der Chef des Sinaloa-Kartells auf die gute Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften und höchsten Regierungskreisen vertrauen. Denn niemand zweifelt daran, dass er nur mit deren Hilfe ausbrechen konnte. Wie schon 2001, als Guzmán aus dem Hochsicherheitsknast Puente Grande flüchtete.

Wer ihm bei seinen beiden Ausbrüchen beistand, das könnte jetzt das New Yorker Bundesgericht aufdecken. Denn ab Montag muss sich der Mexikaner dort für sein kriminelles Lebenswerk verantworten. Es geht um Geldwäsche, Drogenschmuggel, Waffenbesitz, Mord und mehr. Eigenhändig soll der Mafiaboss mindestens 30 Personen hingerichtet haben, die Zahl der Todesopfer seines Kartells dürfte in die Zehntausende gehen.

Geschützt in der Heimat

Dabei hat Guzmán klein angefangen. Geboren als Sohn eines armen Orangenbauers im Bundesstaat Sinaloa, ist er mit 15 ins Drogengeschäft eingestiegen. Mittlerweile soll die Familie Guzmán drei Milliarden US-Dollar besitzen. Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes hat El Chapo auf die Liste der reichsten Personen gesetzt. „Ich liefere so viel Heroin, Am­phetamin, Kokain und Marihuana wie sonst niemand in der Welt“, behauptete er. Immer wieder zog es ihn in seine Heimat Sinaloa zurück. Hier kannte und schützte man ihn, und hier lebt auch seine Frau Emma Coronel, mit der er Zwillinge hat. Zwei seiner Söhne aus den beiden vorhergehenden Ehen führen inzwischen die Geschäfte in Papis Kartell weiter.

„El Chapo“, Drogenboss

„Ich liefere so viel Heroin, Am­phetamin, Kokain und Marihuana wie sonst niemand in der Welt“

In einer Finca in den Bergen von Sinaloa traf er sich auch nach seinem letzten Ausbruch mit dem Schauspieler Sean Penn und dessen Kollegin Kate de Castillo. Mit ihr wollte er sein Leben verfilmen. Aber daraus wurde nichts: Wohl wegen dieses Treffens wurde Guzmán am 8. Januar 2016 aufgespürt und festgenommen. Ein Jahr später lieferten ihn die Mexikaner den US-Behörden aus.

Seither sitzt der Kurze in Isolationshaft, hat Depressionen und klagt über brutale Haftbedingungen. Im Gegensatz zu anderen gefangenen Mafiabossen hat sich El Chapo bislang geweigert, mit den Behörden zu kooperieren. Sollte er seine Haltung ändern, dürfte das so manchem mexikanischen Politiker den Kopf kosten. Den Geschäften tut Guzmáns Verhaftung dagegen keinen Abbruch: Vergangene Woche meldete die US-Antidrogenbehörde DEA, das Sinaloa-Kartell habe weltweit expandiert.

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