Politische Rhetorik: Es ist wieder Zeit zum Erneuern

2017 wollte Martin Schulz die SPD erneuern, jetzt ziehen seine Genossen nach. Und auch Friedrich Merz sieht die Lösung für die CDU in der Erneuerung.

Eine Blüte in weiß-rot

Die Natur erneuert sich auch von Zeit zu Zeit Foto: Tanalee Youngblood/Unsplash

Politische Rhetorik ist schwierig. Sie muss verständlich sein, aber phrasenfrei, aussagekräftig ohne zu viel zu versprechen, klug sein und gern auch ein bisschen unterhaltsam.

Ralph Brinkhaus beispielsweise, neuer Fraktionsvorsitzender der CDU, bekommt gleich zu Beginn seiner Tätigkeit zu spüren, was dieses Amt von ihm verlangt, übt gerade noch. „Brückenbauer“ sagt er zur Zeit in jedes Journalistenmikrofon. Brückenbauer, Brückenbauer, Brückenbauer. Das müsse der oder die neue Parteivorsitzende der CDU nämlich sein. Nette Metapher, aber rhetorisch etwas überstrapaziert.

Ähnlich verhält es sich mit dem Wort Erneuerung. Betonung auf „neu“, sagt uns der Duden, Wortart: Substantiv, feminin; Synonyme: Reform, Umbruch, Verbesserung, Wechsel.

Ein alter neuer Hashtag

Gerade ist wieder Erneuerungszeit. Alle wollen sie, alle reden davon. Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil beispielsweise wirbt bei Twitter für seinen „Artikel zur Erneuerung der SPD“. Hashtag: #SPDerneuern. Ein Hashtag übrigens, der selbst nicht neu ist.

Martin Schulz verwendete ihn vor gut einem Jahr, nach der Niederlage bei der Bundestagswahl. „2017 muss symbolisch stehen als Wendepunkt, als Neuanfang für die SPD“, schrieb er damals unter #SPDerneuern. Es kamen: Nahles, GroKo, Bayernwahl, Hessenwahl. Und jetzt sollen eine „Person wie Bernie Sanders, nur 30 Jahre jünger“ (fordert Peer Steinbrück) und 12 Euro Mindestlohn (fordert Finanzminister Olaf Scholz), die Partei erneuern.

Auch Friedrich Merz, der Parteivorsitzender der CDU werden will, ist auf Erneuerungskurs.Seine Kandidatur um den Parteivorsitz erklärte er mit: „Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspersönlichkeiten.“ Auf der Pressekonferenz am Mittwoch präzisierte er: „Wir brauchen Aufbruch und Erneuerung, aber wir brauchen keinen Umsturz.“

Unklar bleibt, warum die Erneuerung ausgerechnet von einem Mann vorangetrieben werden soll, der quasi direkt aus den 90ern ins Heute gesprungen kommt? Wahrscheinlich liegt es daran, dass Erneuerung in der politischen Rhetorik vieles bedeutet, nur eben nicht Erneuerung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.