CDU bei der Landtagswahl in Hessen: Mit blauem Auge davongekommen

Kein Jubel bei der hessischen CDU, aber Erleichterung: Ohne Volker Bouffier wird im Wiesbadener Landtag gar nichts gehen.

Volker Bouffier (CDU Hessen) hält die Hände zum Jubel hoch

Begrenzter Jubel: CDU-Spitzenkandidat Volker Bouffier kann aller Voraussicht nach weiter regieren Foto: dpa

WIESBADEN taz | Als die erste Pro­gnose der ARD im Sitzungssaal der CDU im 5. Stock des Atriumhauses über die Bildschirme flimmert, bleibt es totenstill. Minus 10 Prozentpunkte für die CDU, da rührt sich keine Hand. Auch beim miesen Ergebnis der Konkurrenz, des Berliner Bündnispartners SPD, klatschen nur wenige.

Erste zaghafte Freude zeigt sich bei den Christdemokraten, als ein Rekordergebnis für den grünen Koalitionspartner vorausgesagt wird. Richtig laut wird es schließlich, als die Prognose für die Sitzverteilung aufgerufen wird. Eine knappe Mehrheit für die regierende schwarz-grüne Regierungskoalition scheint zu diesem Zeitpunkt möglich zu sein. Vielleicht braucht man noch die FDP, doch die Vorstellung eines rot-grün-roten Schreckgespenstes, die CDU-Wahlkämpfer zuletzt beschworen hatten, scheint erledigt zu sein.

Echte Freude kommt bei der CDU trotzdem nicht auf. Denn die Christdemokraten verlieren mit diesem Ergebnis auch ein Viertel ihrer bisherigen Landtagsmandate. Sie werden – eine Fortsetzung von Schwarz-Grün vorausgesetzt – Ministerposten an die Grünen abgeben müssen, vielleicht sogar an die FDP. Und der grüne Partner wird in den Koalitionsverhandlungen wohl noch selbstbewusster auftreten als noch vor fünf Jahren.

Bevor die ersten Zahlen und Kommentare in den Sitzungssaal übertragen wurden, flimmerten dort noch einmal die Bilder aus jenem Zeitalter über die Monitore, als hessische Christdemokraten und Grüne noch in erbitterter Feindschaft verbunden waren. Da sah man Ausschnitte aus den wüsten Landtagsdebatten über die CDU-Schwarzgeldaffäre des Jahres 2000, als SPD, Grüne und Linke den Rücktritt von CDU-Ministerpräsident Roland Koch erzwingen wollten. Da flimmerte die Szene vor der Landtagswahl 2008 über den Bildschirm, als der Grüne Tarek Al-Wazir Ministerpräsident Koch den Handschlag verweigerte. Kochs CDU hatte damals im ganzen Land Plakate aufgestellt: „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen,“ war da zu lesen.

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Der frühere Lieblingsgegner rettet die CDU

Und jetzt könnte der Grüne Kochs Nachfolger, Volker Bouffier, das Amt retten. Ausgerechnet er, der frühere Lieblingsgegner, den die hessische CDU noch vor fünf Jahren als Sicherheitsrisiko für den Wirtschaftsstandort Hessen beschimpft hatte.

Volker Bouffier übersteht nur deshalb die schlimmste Wahlschlappe seiner Partei in Hessen, weil der einstige Widersacher ein Rekordergebnis eingefahren hat. Es geht der hessischen CDU ganz ähnlich wie der bayerischen Schwester vor zwei Wochen. Sie verliert dramatisch. Ein Viertel ihrer Wählerinnen kehrt ihr den Rücken. Und dennoch könnte sie mit einem blauen Auge davonkommen.

Von schmerzlichen Verlusten sprach Bouffier in seinem ersten Statement. Viel Beifall bekam der Ministerpräsident für die Feststellung, an der CDU vorbei könne in Hessen niemand eine Regierung bilden. Den Preis für die erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland zahlt allerdings nicht der grüne Partner, sondern die hessische CDU. Dieser erzkonservativer Landesverband hatte es unter seinen früheren Chefs Alfred Dregger, Manfred Kanther und Roland Koch stets geschafft, am rechten Rand keine Konkurrenz zuzulassen. Das galt auch dann, als in anderen Bundesländern die NDP oder die Republikaner Landtagssitze erobern konnten.

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Nun muss sie hinnehmen, dass auch in Hessen die AfD zweistellig in den hessischen Landtag einzieht; die Rechtspopulisten haben damit alle 16 Landesparlamente erobert.

Volker Bouffier hat sich im hessischen Wahlkampf, anders als die CSU in Bayern, bewusst an die Seite seiner Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel, gestellt. Im Finale der CDU-Kampagne war sie an gleich drei Tagen in diesem Bundesland unterwegs. Wäre die Sache schiefgegangen, wäre sie jedenfalls für die Niederlage verantwortlich gemacht worden. Geht es jetzt doch glimpflich aus, hat auch sie etwas Zeit gewonnen. Es sei denn, ihr gedemütigter Berliner Partner reagiert panisch auf die SPD-Wahlschlappe in Hessen.

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