Verschwendung von Lebensmitteln: Schönheitswahn im Supermarkt

Jedes Jahr werden Tonnen an Obst und Gemüse weggeworfen, nur weil sie nicht der Norm entsprechen. Mit einer Petition soll das geändert werden.

Radieschen, Karotten und Pak Choi liegen nebeneinander auf einer Gemüseauslage

Stoppt die Diskriminierung – es gibt kein „hässliches“ Gemüse Foto: Unsplash/Caroline Attwood

Wer schon mal einen Apfel aus Nachbars Garten stibitzt hat, weiß, dass die Früchte meistens nicht allzu viel mit ihren Artgenossen aus dem Supermarkt gemein haben. Eine Delle hier, ein paar Verfärbungen dort, vielleicht sogar ein Wurmloch.

Im Supermarkt kommen diese „Schönheitsfehler“ nicht vor, dort entspricht alles der Norm. Was ihr nicht entspricht, wird irgendwo entlang der Wertschöpfungskette aussortiert. Der Handel und die Konsumenten wünschen eine bestimmte Größe, Farbe und Form. Das gilt natürlich nicht nur für Äpfel und anderes Obst, dem Gemüse geht es auch nicht besser.

Diesem Schönheitswahn an der Obst- und Gemüseauslage hat die Kommunikationsdesignerin Maria Möller den Kampf angesagt. In einer Petition, die an vier der größten deutschen Lebensmittelhändler gerichtet ist – Rewe, Aldi, Lidl und Edeka –, fordert sie den sofortigen Stopp der Diskriminierung von „hässlichem“ Obst und Gemüse.

„Nachdem ich herausgefunden hatte, dass in Europa circa 50 Millionen Tonnen Obst und Gemüse pro Jahr aufgrund ihres Aussehens verschwendet werden und im Kontrast dazu 19 Millionen unterernährte Europäer stehen, wollte ich aktiv einen Beitrag zur Beendigung dieser absurden Lebensmittelverschwendung leisten“, sagt die 24-Jährige. Die Zahlen sind das Ergebnis einer Studie der University of Edinburgh.

Die inneren Werte zählen

Demnach landet jährlich etwa ein Drittel der europäischen Obst- und Gemüseernte erst gar nicht in den Supermarktregalen, egal ob weiterverarbeitet oder nicht. Stattdessen wird es entweder auf den Feldern liegen gelassen oder an Nutztiere verfüttert. Die Idee zu der Petition kam Möller während der Recherche für ihre Abschlussarbeit. Mit acht Kurzfilmen, die jeweils von einer Obst- oder Gemüsesorte handeln, will sie KonsumentInnen auf die Normierung bei Lebensmitteln aufmerksam machen.

Anlass der Petition: Zu viele Lebensmittel werden weggeschmissen.

Das wollen die Initiatoren: Den Verkauf von Obst und Gemüse, das nicht der Norm entspricht.

Das wollen sie wirklich: Die Lebens­mittelverschwendung beenden.

Zusätzlich soll ihre Petition zum Handeln anregen: „Ich glaube, dass sich die meisten Menschen noch nie wirklich Gedanken über die Schönheitsregelungen von Obst und Gemüse gemacht haben. Wenn man nur kerzengerade Gurken kennt und kaufen kann, fragt man nicht nach krummen Gurken“, sagt sie.

Und was sagen die Lebensmittelhändler? Bei Aldi Süd und dem Discounter Penny, der zur Rewe-Gruppe gehört, hat man auf das Problem reagiert. Unter dem Namen „Krumme Dinger“ liegen bei Aldi seit 2017 auch Karotten und Äpfel zweiter Klasse in den Auslagen. Penny startete die Aktion „Naturgut“ 2016. Auch Edeka beteuert, man arbeite daran, den Überschuss an Lebensmitteln im Handel zu reduzieren, und biete testweise auch krummes Gemüse in ausgewählten Läden zum Verkauf an.

Bringen solche Maßnahmen auch die Verbraucher zum Umdenken? Zumindest sind sie ein Schritt in die richtige Richtung, findet Maria Möller. Und betont, dass es damit noch nicht getan sei: „Warum muss das Obst und Gemüse als „krumm“ deklariert werden? Das gibt dem Ganzen sofort eine negative Wertung. Schließlich sind es die inneren Werte, die zählen.“ Dem stimmen auch die fast 120.000 Menschen zu, die Möllers Petition bislang unterzeichnet haben.

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