Berliner Landesfinanzen: Überschuss fast doppelt so hoch

Statt 1,2 Milliarden Euro mehr gibt es sogar 2 Milliarden zu verteilen. Der Senat stellt dazu einen Nachtragshaushalt vor, den nun das Abgeordnetenhaus beraten muss.

Schier zu viel zum Zählen: Zwei Milliarden Euro beträgt der Überschuss im Landeshaushalt Foto: dpa

Berlin, vor einigen Jahren noch quasi pleite, schwimmt zunehmend in Geld: Der ohnehin schon hohe Jahresüberschuss wird nicht wie bislang gedacht 1,2 Milliarden Euro betragen, sondern fast doppelt so viel, nämlich 2 Milliarden. Das war am Dienstag von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zu hören. Die rot-rot-grüne Landesregierung hatte zuvor beschlossen, wie sie dieses Geld verwenden will: eine Milliarde, also die Hälfte, in den Schuldenabbau stecken, 600 Millionen in einen Topf für besondere Investitionen packen und die restlichen 400 Millionen in den laufenden Landeshaushalt 2018/2019 einarbeiten. Mit diesem Nachtragsetat soll sich ab nächste Woche das Abgeordnetenhaus beschäftigen.

Der Überschuss hat drei Gründe: Steuereinnahmen, die weit höher als erwartet ausfielen, gesunkene Zinsausgaben für Berlins weiterhin hohe Altschulden und nicht ausgegebenes Geld aus dem Etat selbst. Letzteres ist eher misslich für die Landesregierung – jeder Euro, der auf diese Weise liegen bleibt, bestätigt den Vorwurf, der Senat sei nicht in der Lage, seine Pläne auch umzusetzen. Aus diesem Grund gab es im Vorfeld auch Stimmen, die gern mehr Geld für den Schuldenabbau verwendet hätten, statt wie jetzt entschieden weitere 600 Millionen in den Investitionstopf zu stecken, der aktuell bereits rund drei Milliarden gefüllt ist.

Denn trotz seiner derzeit so guten Haushaltslage hat Berlin noch 58 Milliarden Schulden aus früheren Jahren, in denen das Land Kredite aufnehmen musste. 63 Milliarden waren es zu Spitzenzeiten 2011, 5 Milliarden hat das Land seither vorrangig unter der rot-schwarzen Regierung zurückzahlen können. Senator Kollatz riet auch am Dienstag zur Tilgung, um die Schulden für jene Zeiten verringern zu können, in denen die Einnahmen geringer, die Zinsen hingegen weit höher sind.

Ausschusschef jetzt Staatssekretär

Die 400 Millionen Euro, die aus dem Überschuss in den Nachtragshaushalt fließen, gehen vorrangig an eine künftige S-Bahn-Gesellschaft (siehe Text unten), die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge, die für die Schulneubauten zuständig ist, und an das Vivantes-Klinikum in Neukölln. Der dort geplante Neubau muss laut Kollatz weit größer als geplant ausfallen. Der Nachtragshaushalt geht davon aus, dass es auch nächstes Jahr ähnliche Überschüsse gibt, und plant darum auch für 2019 über zusätzliche 400 Millionen ein.

Unter seinen engsten Mitarbeitern, die Senator Kollatz zur Vorstellung des Haushalts mitbrachte, war erstmals sein neuer, in den Herbstferien ernannter Staatssekretär Fréderic Verrycken (41, SPD). Er hatte seit 2011 den für alle Geldfragen zuständigen Hauptausschuss des Parlaments geführt, und das in einer Weise, für die auch aus der Opposition viel Lob zu hören ist. Verrycken ist weder Volks- noch Betriebswirt, sondern studierte Politologie und arbeitete als Journalist beim SPD-Organ Vorwärts. Im taz-Interview überraschte er 2015 mit dem Satz: „Ich war in Mathe ein kompletter Versager“ – was ihn nicht hinderte, den Ausschuss schon mit 34 Jahren erfolgreich zu leiten.

Wer aus der SPD-Fraktion den Ausschussvorsitz übernimmt, war am Dienstag noch offen. Man suche noch, hieß es von den Sozialdemokraten. Die für diesen Mittwoch bereits auf die Tagesordnung gesetzte Nachfolgewahl im Ausschuss wurde verschoben.

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