Prozess gegen mutmaßlichen Islamisten: V-Mann darf nicht aussagen

Dasbar W. soll einen Anschlag vorbereitet haben. Ein V-Mann der Polizei belastet W. schwer, darf im Prozess in Stuttgart aber nicht aussagen.

Mutmaßliches Ziel des Anschlags: Menschen fahren Schlittschuh auf der Eisfläche am Karlsruher Schlossplatz, im Hintergrund ist das Schloss zu sehen

Mutmaßliches Ziel des Anschlags: die Stände um die Eisfläche am Karlsruher Schlossplatz Foto: dpa

Hat ein V-Mann gute Arbeit geleistet oder belastet er einen Unschuldigen? Darüber muss das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem Mammutprozess gegen den deutschen Staatsbürger Dasbar W. entscheiden. Er soll in Karlsruhe einen Terroranschlag vorbereitet haben.

Der 29-jährige Sohn irakischer Kurden war kurz vor Weihnachten 2017 festgenommen worden. Er soll geplant haben, mit einem Kraftfahrzeug in die Stände um die Eisfläche am Karlsruher Schlossplatz zu fahren. Die Bundesanwaltschaft wirft W. Mitgliedschaft in der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sowie die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor.

Die Anklage stützt sich vor allem auf die Aussagen eines V-Mannes des Stuttgarter Landeskriminalamts. Der etwa 50-jährige Türke wurde im August 2017 auf Dasbar W. angesetzt. Er freundete sich bei einem Gabelstapler-Lehrgang mit W. an und berichtete der Polizei bald von angeblichen Mordplänen.

Allerdings ging Dasbar W. Ende November 2017 selbst zur Polizei – und zeigte seinen neuen Bekannten an. Dieser mache radikale Sprüche und düstere Andeutungen, möglicherweise plane er einen Anschlag. Polizei und Bundesanwaltschaft gehen von einem Ablenkungsmanöver aus; möglicherweise habe W. etwas gemerkt und dem V-Mann zuvorkommen wollen.

Werbung in Chatrooms

Zum Prozessauftakt wurde bekannt, dass das baden-württembergische Innenministerium den V-Mann „vollumfänglich gesperrt“ hat. Dieser darf also im Prozess nicht als Zeuge auftreten und in keiner Weise befragt werden. Nach Ansicht des Gerichts ist diese Entscheidung „fehlerhaft“: Das Ministerium hätte nicht nur die Interessen der V-Person, sondern auch das Aufklärungsinteresse des Gerichts berücksichtigen müssen. Der Vorsitzende Richter Herbert Anderer kündigte eine „Gegenvorstellung“ des OLG an.

Verteidiger Marc Jüdt erklärte zu Prozessbeginn, sein Mandant sei „kein gewaltbereiter Islamist und er ist es nie gewesen“. Er verachte Gewalt und liebe die Demokratie. Der V-Mann habe ein „völlig falsches, geradezu groteskes Bild“ von Dasbar W. gezeichnet. Der Anwalt ging aber nicht darauf ein, dass W. auch angeklagt ist, weil er in islamistischen Chatrooms immer wieder für die Mitgliedschaft im IS geworben haben soll. Hierfür gibt es auch konkrete Beweise.

Im kurdischen Nordirak hat inzwischen ein islamischer Geistlicher Dasbar W. beschuldigt, dort im Namen des IS aufgetreten zu sein. Das OLG will deshalb ein Rechtshilfeersuchen an den Irak stellen. Das ist der Hauptgrund, warum der Prozess rund ein Jahr dauern könnte.

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