Kommentar Quotierung bei der SPD: Der Preis der Gerechtigkeit

Die SPD hat ihre Wahllisten quotiert, jeder zweite Platz geht an eine Frau. Das ist richtig und Ralf Stegner steht in der Causa Delara Burkhardt zu Unrecht in der Kritik.

Die Füße von zwei Männern und einer Frau.

Zwei sind einer zu viel: Die SPD muss nun ihre Fitfty-Fifty-Quote umsetzen Foto: dpa

Die Welt ist ungerecht. Ob ein Neugeborenes 100 Jahre Gesundheit oder den Hungertod zu erwarten hat, hängt vom Zufall des Geburtsorts ab. Ob ein Kind studiert, bestimmt der Bildungsstatus der Eltern. Und noch im Jahr 2018 entscheidet die Frage des biologischen Geschlechts über Beruf und Gehalt. Die meisten Frauen werden das kennen: Egal, wie viel Wissen oder soziale Fähigkeiten eine hat, meist findet sich ein weniger kompetenter Mann, der mit weniger Einsatz schneller aufsteigt. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen.

Weil die Welt ungerecht ist, sind Quoten gerecht. In der Politik sind sie notwendig, schließlich stellen Parlamente die Weichen für das alltägliche Leben. Wenn Frauen dort fehlen, machen Männer Politik für Männer: zementieren die Unterbezahlung von Pflegeberufen, richten die Wirtschaft auf Dauerwachstum aus, halten an traditionellen Familienbildern fest. Ja, und wieder gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel.

Die SPD hat ihre Wahllisten quotiert, jeder zweite Platz geht an eine Frau. Dieses Verfahren ist von Parteitagen beschlossen worden. Und es ist richtig.

Weil aber die Welt ungerecht ist, sorgt die Quote für individuelle Härten. Sehr wahrscheinlich wird nach der Europawahl eine 26-Jährige ins EU-Parlament einziehen, die bisher wenig mit europäischen Themen am Hut hatte. Dass ihr „Dänemark näher liegt als Bayern“, wie Delara Burkhardt in einem Interview sagte, ist – sorry – eher peinlich. Denn das gilt aufgrund geografischer Bedingungen und gemeinsamer Geschichte für jeden und jede in Schleswig-Holstein. Nicht einziehen wird mutmaßlich Enrico Kreft, der sich seit Jahren mit EU-Themen befasst und der Wunschkandidat der SPD in Schleswig-Holstein ist.

Nun kritisiert die Basis den Bundesvorstand, der die Frau vorzog, und den Landesvorsitzenden Ralf Stegner, der das nicht verhinderte. Die Kritik ist unberechtigt – und ungerecht. Wie groß wäre wohl der Protest, würde die SPD ihre Quote gleich wieder kippen? So gilt das alte Motto weiter: Gleichberechtigung herrscht erst, wenn ebenso viele inkompetente Frauen wie Männer wichtige Posten besetzen.

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Jahrgang 1968. Ist in der taz als Landeskorrespondentin für Schleswig-Holstein zuständig von Flensburg bis Elmshorn, von Fischerei bis Windkraft, von lokalen Streitigkeiten bis Landtagsdebatten. Schwerpunkte: Soziales, Gesundheitspolitik

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