Mehr Wohlstand durch weniger Euro

Der „Roland“ passt sich den Bedingungen des Marktes an. Aus der regionalen Schwundwährung ist nach rund vier Jahren ein Kontosystem geworden – das ist weniger alternativ aber dafür erfolgreicher. Händler brauchen vor allem Vertrauen

bremen taz ■ 137 Mitglieder sind schon dabei. Sie kommen aus Bremen und Umgebung und handeln miteinander. Das Angebot innerhalb des Roland-Rings ist vielfältig: Gemüse aus ökologischem Anbau ist genauso zu haben wie Kreativspielzeug oder Teppich-Auslegeware. Bei Bedarf auch Ayurvedische Massage und eine gestaltete Website. Die Produkte innerhalb der Handelsgemeinschaft unterscheiden sich nicht von anderen Produkten. Jedoch zahlen die Mitglieder mit einer besonderen Währung: Nicht der Euro wandert aus ihrer Geldbörse, sondern der Roland.

Ausgegeben wird die Währung von Roland Regional, einem Bremer Verein für nachhaltiges Wirtschaften. Die Idee ist, einen möglichst dichten Handelsring zu knüpfen, so dass die Mitglieder viele Geschäfte untereinander abwickeln können. Neuerdings ist sogar eine Tankstelle in Ottersberg mit von der Partie.

Ursprünglich war der Roland eine regionale Schwundwährung. Gegen D-Mark und Euros bekamen die Roland-Mitglieder Gutscheine, die als eigene Währung zwischen Händlern und Kunden kursierte. Um die regionale Wirtschaft anzukurbeln, sollte sich nicht das Sparen lohnen, sondern das Ausgeben. Darum hatten die Initiatoren einen Wertverlust für den Roland vorgesehen – ein Prozent pro Monat.

„Aber zu viele Mitglieder wollten ihre Gutscheine zum Ende des Monats wieder umtauschen“, sagt Dietlind Rinke, Mitinitiatorin des Roland-Rings. Die Regionalfinanziers zogen die Konsequenz – und strichen den Schwundeffekt. Zu den fortan ihren Wert behaltenden Gutscheinen kam ein elektronisches Verrechnungssystem. Das Gros der Zahlungsvorgänge findet seither auf den Roland-Konten der Mitglieder statt.

Das Kontosystem von Roland Regional unterscheidet sich kaum noch von dem einer normalen Bank: Es gibt ein Umlaufkonto, ein Sparkonto, ein Festgeldkonto und ein Darlehenskonto. Nur Zinsen zahlen und nehmen die Roland-VerwalterInnen nicht.

„Wir nehmen Euro ein und handeln mit Roland. Das ist der Trick“, sagt Rinke. Das bei ihnen angelegte Geld verwenden sie für Kredite – als kostenlose Darlehen über höchstens 5.000 Roland – beziehungsweise 5.000 Euro, für Dinge, die man nicht mit Roland kaufen kann. Ökologisches Wirtschaften wollen sie damit fördern und gleichzeitig verhindern, dass Geld aus der Region abfließt. Landwirten wollen sie ebenso unter die Arme greifen wie HändlerInnen – als Zuschuss für den Stallbau oder zur Entschuldung eines Ladens. Als Sicherheit fordern sie Bürgschaften ein.

Ein wenig Vertrauen gehört dazu. Was passieren würde, wenn alle Roland-Mitglieder ihr Geld aus dem Ring zurückforderten? „Das machen sie nicht“, sagt Manfred Steinbach, Rinkes Ehemann.

Die Bundesbank hat bereits ein Auge auf die Initiative geworfen. Doch Rinke und Steinbach berufen sich auf das Grundgesetz und die Vertragsfreiheit. Die KäuferInnen zahlten den VerkäuferInnen den vereinbarten Kaufpreis – ob nun in Euro oder Roland sei schließlich egal, so Steinbach.

Der Roland wird im Oktober vier Jahre alt. Bis Ende 2002 waren 8.000 Euro hinterlegt, 2003 waren es schon 20.000 Euro – Tendenz steigend, so die WährungshüterInnen. „Wir haben damit angefangen und können nicht mehr aufhören“, erläutert Rinke ihre Motivation. Nach wie vor suchen sie weitere MitstreiterInnen. Es sei einfacher, HändlerInnen anzusprechen als PrivatkundInnen, erzählt Rinke. Erstere hätten schließlich einen großen Vorteil vom Roland: die Kundenbindung. Vielleicht gerade deshalb vergrößert sich der Ring kontinuierlich.

Rinke und Steinbach planen schon den Austausch mit anderen regionalen Währungsringen. „Dann könnten die Mitglieder auch im Urlaub mit Roland bezahlen“, sagt Steinbach. Zwar gäbe es auch dann noch keine Zinsen, doch der kapitalistische Trend zum Wachstum – er lässt sich auch hier nicht verbergen.

Saskia Richter