CDU-Vorsitzwahl: „Ein ganz besonderer Geist“

Berlins CDU-Generalsekretär Evers mag sich nicht auf einen Nachfolger von Bundeschefin Merkel festlegen. Er lobt aber die Parteidebatte darüber als vorbildhaft.

Könnte die hiesige CDU-Spitze Grütters und Evers (r.) mit einem CDU-Bundeschef Merz?

taz: Herr Evers, wir sitzen hier zwischen mehreren Personalgesprächen zusammen, die Sie heute führen. Bauen Sie Ihr Team schon für die Zeit nach dem Hamburger Parteitag an diesem Freitag um?

Stefan Evers: Ich muss Sie enttäuschen: So weit reicht die Entscheidung über den Parteivorsitz dann doch nicht. Wir haben ein großartiges Team. Dabei darf es bleiben.

Sie sind als Generalsekretär einer von 30 Berliner CDUlern unter den 1.001 Delegierten, die zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn auswählen müssen. Haben Sie sich entschieden, wie Sie abstimmen – auch nach dem Eindruck der letzten CDU-Regionalkonferenz vergangene Woche in Berlin?

Die Regionalkonferenz war eine eindrucksvolle Veranstaltung mit drei ganz starken Bewerbern. Wirklich begeistert hat mich aber etwas anderes: 2.000 Parteimitglieder aus Berlin und Brandenburg haben drei Stunden zugehört, diskutiert, Fragen gestellt – auch wenn leider nicht jeder drankommen konnte, das war großartig. Da ist keiner enttäuscht nach Hause gegangen, es wehte ein ganz besonderer Geist durch den Saal. Wenn ich da an manche unserer Parteitage denke …

Die Wahl Frühestens um 19 Uhr, so die Prognose, soll heute die Frage beantwortet sein, die seit dem 29. Oktober im politischen Raum steht: Wer führt anstelle von Angela Merkel die CDU? Die hatte an ebenjenem Tag angekündigt, beim heute beginnenden Bundesparteitag nicht erneut für den Parteivorsitz zu kandidieren.

Die Kandidaten Um ihre Nachfolge bewerben sich Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn, die sich in acht Regionalkonferenzen vorgestellt haben. Wählen können 1.001 Delegierte, 30 davon aus der Berliner CDU. (sta)

Stefan Evers

39, ist bei der Berliner CDU als Generalsekretär und parlamenta­rischer Geschäftsführer der Fraktion wichtigstes Scharnier zwischen Partei und Abgeordnetenhaus. Ins Amt holte ihn Ende 2016 Landeschefin Monika Grütters.

… wo der Tagesordnungspunkt „Aussprache“ oft faktisch mangels Wortmeldungen ausfällt …

… dann können wir uns da wirklich etwas abschauen.

Unbestreitbar. Aber da war noch die Frage, wen Sie persönlich unter den drei sehr guten Bewerbungen, wie Sie sagen, noch ein bisschen besser finden.

Auf der Regionalkonferenz hatte Jens Spahn den besten Auftritt, wie ich fand. Aber ohne Zweifel hat jeder der drei das Zeug zum Parteivorsitzenden. Die Unterschiede sehe ich eher im Stil als in der Sache. Auch das hat die Regionalkonferenz gezeigt: Es geht in Hamburg um eine Akzentsetzung, nicht um eine Achsenverschiebung. Das finde ich auch gut so. Genauso gut finde ich übrigens den Grundsatz der geheimen Wahl. Deshalb werde ich meine Entscheidung auch für mich behalten.

Andere tun das nicht. Wolfgang Schäuble hat sich gerade für Merz ausgesprochen, Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther für Kramp-Karrerenbauer.

Wieder andere wie die Kollegen in Nordrhein-Westfalen geben – wie wir vom Berliner Landesvorstand – keine Empfehlung an die Delegierten ab. Und auch wenn Wolfgang Schäuble sich nun festlegt, heißt das bei Weitem nicht, dass beispielsweise alle baden-württembergischen Delegierten dem folgen würden.

Nun ist Schäuble ja nicht irgendwer.

Natürlich, und er ist ja auch eng mit Friedrich Merz befreundet. Aber man unterschätzt die Delegierten, wenn man meint, sie würden sich vor allem an Empfehlungen orientieren. Jeder trifft seine höchstpersönliche Entscheidung.

Falls Merz, immer grob als konservativ eingeordnet, neuer Vorsitzender wird: Was heißt das für die immer als liberal etikettierte Berliner Parteispitze mit Ihnen und der Landesvorsitzenden Monika Grütters?

Ich kann mit diesen Etiketten nichts anfangen. Sie werden gern verwendet – und selten treffen sie den Kern der Sache. Friedrich Merz empfiehlt sich in meinen Augen mit einer klar ordnungspolitischen und wirtschaftsliberalen Orientierung, Annegret Kramp-Karrenbauer mit einer wertkonservativen Grundhaltung und sozialem Kompass. Jens Spahn steht für ein modernes Politikverständnis auf liberalem Fundament. Das passt alles auch zur Berliner CDU.

Berlin hat beim Hamburger Parteitag 30 Delegierte – eigentlich vergleichsweise wenig. Aber bei der erwarteten knappen Entscheidung zwischen Kramp-Karrenbauer und Merz könnten es die entscheidenden 30 sein. Sie sprechen als ­Generalsekretär mehr als viele andere in der Partei mit den Funktionären: Zeichnet sich da eine Präferenz ab?

Wir sind ein vielfältiger Landesverband, es gibt starke Stimmen für alle Kandidaten. Viele Jüngere unterstützen Jens Spahn; es gibt Fans von Merz und Kramp-Karrenbauer. Unsere Delegierten sind ein buntes Abbild der Partei, und gewählt wurden sie ja bereits 2017 – also sicher nicht nach ihrer Vorsitzendenpräferenz.

Und trotzdem wird es nach der Wahl am Freitag viele geben, die sich als Verlierer sehen. Spaltet das die Partei?

Inhaltlich liegen ja keine Welten zwischen den Kandidaten. Auch ein Friedrich Merz steht nicht für die Rolle rückwärts, die viele Medien mit ihm verbinden. Diese Wahl kennt in meinen Augen nur Gewinner, der größte davon ist die CDU. Ganz egal, wer Vorsitzender wird: Die Partei ist offener geworden, diskussionsfreudiger, diesen Geist müssen wir uns erhalten. Wir haben in diesen Wochen gelebte Vielfalt und die ganze Breite einer Volkspartei erlebt. Von Spaltung war da nichts zu spüren.

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