Kommentar Hamburger Handelskammer: Hanseatentum am Ende

Die Kammer hat jetzt die Chance, sich neu zu erfinden: Es gibt keinen Weg zurück in das protzige Kleinfürstentum und kein Weiterträumen von populistischen Luftschlössern.

Zuhörer bei der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns.

Noch zeitgemäß? Die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns in der Hamburger Handelskammer Foto: dpa

Die Krisen der Hamburger Handelskammer sind sämtlich hausgemacht. Die alte, welche das Bündnis „Die Kammer sind wir“ um seinen Anführer Tobias Bergmann an die Macht gespült hatte, und ebenso die aktuelle, welche die Kammerrebellen in ihre Schranken weisen wird. In beiden Fällen ist die Schuld einzig in der Kammer selbst zu suchen.

Es war die Hybris des Hanseatentums, an der die alte Kammer zerschellt ist. Jahrhundertelang regierten Hamburgs Kaufleute die Stadt, und als sichtbarstes Zeichen errichteten sie während des Kaiserreichs an der Börse einen Anbau. Durch die Tapetentür pflegten sie zwischen Kammer und Rathaus hin und her zu wechseln, und manche glaubten noch im 21. Jahrhundert, das gehe ewig so weiter. Der Aufprall vor zwei Jahren war schmerzhaft, erholt haben sich die Nadelstreifen und Pfeffersäcke davon noch immer nicht.

Und jetzt zerlegen sich die Rebellen, die den Geldadel aus dem Prunkbau in der Innenstadt gejagt hatten, selbst. Unhaltbare Versprechungen, eine abfindungsintensive Personalpolitik auf der Leitungsebene, die mit Jobabbau auf den unteren Ebenen kofinanziert werden soll, und der unberechenbare Führungsstil eines Präses, der in kurzer Zeit erst Feind, dann auch Freund verprellt, sind das Gegenteil von Seriosität.

Das Gute an den beiden Krisen ist: Jetzt hat die Kammer die Chance, sich tatsächlich neu zu erfinden. Es gibt keinen Weg zurück in das protzige Kleinfürstentum aus alten Zeiten, es gibt kein Weiterträumen von populistischen Luftschlössern. Die Kammer muss kleine Läden, Start-ups, Mittelstand, Hafenwirtschaft und Hochtechnologie gleichermaßen repräsentieren. Sonst verliert sie den letzten Rest ihrer Existenzberechtigung, sonst verliert sie endgültig den Anspruch, ernst genommen zu werden.

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