Nissan-Manager Carlos Ghosn angeklagt: Der abgehobene Autoboss

Er galt als Starmanager der Autobranche. Jetzt kommt er in Japan vor Gericht wegen falscher Angaben zum Einkommen und Veruntreuung.

Mann mit heruntergzogenen Mundwinkeln

Angemessen schlecht gelaunt: Carlos Ghosn Foto: reuters

BERLIN taz | Er war als einer der erfolgreichsten Automanager der Welt das Aushängeschild von Renault, Nissan und Mitsubishi. Er hatte das Dreierbündnis geschmiedet und zu einem der weltgrößten Autobauer gemacht. Davor war er schon der prominenteste ausländische Manager in Japan gewesen, dem sogar ein Manga gewidmet wurde.

Er genoss Kultstatus und führte den angeschlagenen Autobauer Nissan wieder zum Erfolg. Und natürlich diente er im Zeitalter der Globalisierung dem Multikulturalismus als erfolgreiches Beispiel, mit dem sich gleich mehrere Länder schmückten. 2017 etwa widmete der Libanon ihm eine Briefmarke.

Doch mit den Superlativen ist es bei Carlos Ghosn (sprich: Gohn) erst mal vorbei, sieht man von seinem rekordverdächtigen Absturz ab. In Japan wurde er am Montag wegen jahrelanger falscher Angaben bei seinem Einkommen (in 5 Jahren um angeblich 39 Millionen Euro zu niedrig) sowie wegen der Veruntreuung von Firmengeldern angeklagt.

Ghosn war bereits am 19. November in Tokio festgenommen worden. Die Renault-Aktie brach darauf um 11 Prozent ein. Inzwischen ist er bei Nissan und Mitsubishi abgesetzt worden, bei Renault wurde er zunächst nur interimsweise ersetzt.

„Le Costkiller“

Ghosn wurde in Brasilien in eine maronitisch-christliche Familie mit libanesischen Vorfahren geboren. Er wuchs in Brasilien, dem Libanon und Frankreich auf, hat alle drei Staatsbürgerschaften und spricht nicht nur die dortigen Sprachen. Er sammelte zunächst beim Reifenhersteller Michelin Erfahrungen, bevor er bei Renault anfing und als gefürchteter „Le Costkiller“ drastisch Kosten senkte.

Ab 1999 machte er sich über den Umweg des angeschlagenen japanischen Autobauers Nissan, bei dem Renault gerade eingestiegen war, auf dem Weg an die Spitze des größten französischen Autokonzerns. Den leitet er seit 2005.

Ghosn hat seinen Erfolg unter anderem mit seinem multikulturellen Hintergrund und seiner permanenten Außenseiterrolle erklärt. Dies habe ihm die Freiheit gegeben, mit Traditionen zu brechen, zum Beispiel bei Nissan mit der bis dahin in Japan üblichen lebenslangen Beschäftigung der Mitarbeiter. „Es hilft, von außen zu kommen, weil man nicht als jemand gesehen wird, der an vergangenen Entscheidungen beteiligt war“, sagte er. Zugleich zeigte Ghosn Respekt für Japans Kultur, ohne die Arroganz anderer westlicher Manager.

Doch stiegen dem hart arbeitenden, vierfachen Vater seine Erfolge offenbar zu Kopf, was zu seinem Absturz beigetragen haben dürfte. Während Ghosn bei anderen kräftig Kosten drückte, verlangte er für sich immer mehr Geld und schwelgte im Luxus. Seine zweite Frau heiratete er 2016 im Trianon, einem Lustschloss von Versailles.

Im Frühjahr 2018 wurde es selbst dem französischen Staat zu viel, der an Renault beteiligt ist. Die Regierung kürzte bei einer Vertragsverlängerung Ghosns Gehalt um 30 Prozent, was er für sich mit einem Rückzug aus operativen Geschäften rechtfertigte. Sollte die Anklage recht behalten, hatte er schon vorgebaut und seit Jahren auch in die eigene Tasche gewirtschaftet.

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