MedUni Wien streicht Homöopathiekurs: Studierende: 1, Globuli: 0

Wundermittel oder Scharlatanerie? Nach Beschwerden von Student*Innen streicht die Medizinische Universität Wien das Wahlfach „Homöopathie“.

Eine weiße Kapsel aus der kleine Globuli fallen auf einem weißen Tisch

Streitthema „Homöopathie“: In Deutschland sind alternative Verfahren in der Medizin weit verbreitet Foto: dpa

BERLIN taz | Beim Thema Homöopathie spalten sich die Meinungen: Während die einen in ihr ein alternatives Wundermittel sehen, ist sie für andere nicht mehr als überteuerte Zuckerbällchen. Zur zweiten Gruppe gehören wohl auch die Studierenden der Medizinischen Universität Wien. Denn wie die Jungmediziner*Innen-Plattform netxdoc berichtete, hatten diese sich im Rektorat über eine Vorlesung beschwert, die sich genau diesem Thema widmete. Die Folge: Das Wahlfach „Homöopathie“ wurde in diesem Semester erstmals aus dem Vorlesungsverzeichnis gestrichen.

Die Studienabteilung informierte die Teilnehmer*Innen mit einer Email über die gestrichene Lehrveranstaltung. Darin heißt es unter anderem: „Aufgrund von zahlreichen Beschwerden wird das Wahlfach ab der nächsten Einheit 31.10.2018 nicht mehr stattfinden. Sie werden alle von der LV abgemeldet.“

Die besagte Homöopathie-Vorlesung stand bereits seit vielen Jahren in der Kritik. Ursprünglich sei sie als eine kritische Auseinandersetzung mit Homöopathie beworben worden. Gegenüber der Jungmediziner*Innen-Plattform sagte Julia Wunsch, Vorsitzende der Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) MedUni Wien, nun dazu: „Da dies aber in den vergangenen Semestern nicht der Realität entsprach und sich mehrere Studierende direkt bei der Uni beschwert hatten, wurde die Vorlesung auch zum Teil aufgrund unseres Feedbacks vorerst beendet.“ Die ÖH hätte prinzipiell nichts gegen eine Auseinandersetzung mit alternativmedizinischen Heilmethoden, jedoch sollte diese kritisch sein und nicht als Werbeveranstaltung erfolgen.

Homöopathie bei Krebserkrankungen?

Das Wahlfach wurde vom Internisten Michael Frass angeboten. Er ist seit 24 Jahren Professor an der MedUni und leitet zudem die homöopathische Ambulanz für bösartige Tumorerkrankungen. In einem Gespräch mit dem Standard begründete Rektor Markus Müller die Entscheidung, die Veranstaltung zu streichen, damit, dass sich „die MedUni von unwissenschaftlichen Verfahren und Scharlatanerie klar distanziert“. Er habe Frass bereits gegen Anfang des Jahres signalisiert, dass er seine persönlichen Interessen, gemeint ist damit Homöopathie, nicht mit seiner Funktion als Wissenschaftler der MedUni Wien vermischen dürfe.

Wie der Standard berichtet hatte, war der Rektor verärgert darüber, dass Frass gegenüber Medien behauptet, Homöopathie wirke bei Krebserkrankungen unterstützend. Zudem habe Müller auch die Ethikkommission informiert. Der Professor des Wahlfachs sagte gegenüber dem Medium, dass er über die interne Kritik nicht verwundert sei. Die Methode sei schwer zu fassen. Frass wolle auch weiterhin an der Klinik zu Homöopathie forschen.

Homöopathie ist eine alternativmedizinische Behandlungsmethode. Sie geht auf den deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755 – 1843) zurück. Er vertrat die Ansicht, dass „Ähnliches mit Ähnlichem“ behandelt werden soll. Das bedeutet: Ein Wirkstoff wird so lange verdünnt, bis er nicht mehr nachweisbar ist. Hahnemann glaubte, dass durch die Verdünnung, die Wirkung des Stoffes verstärkt wird. Allerdings konnte er nicht wissenschaftlich nachweisen, dass homöopathische Mittel pharmakologisch wirken.

Erst kürzlich wurde in Österreich im Rahmen eines neuen Ärztegesetzes heftig über die Komplementär- und Alternativmedizin – zu der auch Homöopathie zählt – diskutiert. Das berichtete die Presse. Dabei ging es vor allem um die Frage, wer homöopathische Behandlungen ausüben darf. Denn der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah vor, dass solche Heilverfahren nur noch von ÄrztInnen praktiziert werden dürfen.

Dagegen hatten sich nicht nur die AnbieterInnen von alternativen Verfahren gewehrt, sondern auch die Wirtschaftskammer. Sie argumentierte damit, dass komplementäre Heilverfahren auch Hautanalysen oder Massagen betreffen, wie sie etwa in Hotels angeboten werden. Daraufhin wurde dieser Passus wieder aus dem Gesetz herausgenommen. Es soll noch im Dezember vom österreichischen Nationalrat beschlossen werden.

Kritik an Homöopathie-Lehrstühlen in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es universitäre Lehrstühle für Komplementärmedizin, zum Beispiel an der Berliner Charité. Der Berliner Tagesspiegel kritisierte die Uniklinik im August dafür, dass sie auf ihrer Website homöopathische Mittel als Wirkstoff gegen Krebs dargestellt hatte. Die Angaben wurden mittlerweile wieder aus dem Netz entfernt.

Die alternativmedizinischen Lehrstühle an ihrer Uniklinik begründet Manuela Zingl, Pressesprecherin der Berliner Charitè, so: „Es ist uns wichtig, dass die Studierenden auch wissen, was Komplementärmedizin ist, welche Verfahren und Methoden diese beinhaltet und dass sie Kenntnis darüber haben, ob es bereits Studien gibt, bei denen eine Wirkung nachgewiesen werden konnte. Wir wollen kritische Studierende, die Kenntnisse über Limitationen, Vor- und Nachteile einer Komplementärmedizin haben.“

Die Lehrstühle für Komplementärmedizin an der Berliner Charitè sind mit Stiftungsprofessuren besetzt. Das heißt: Im Gegensatz zu herkömmlichen Professuren, werden diese nicht oder nicht ausschließlich von der Hochschule, sondern von außerhalb finanziert. Laut Zingl hat das aber keinen Einfluss darauf, wie die Vorlesungen inhaltlich gestaltet sind: „Die Stiftungsprofessuren haben, wie alle anderen Professuren an der Charité, Aufgaben in Forschung, Lehre und Patientenversorgung.“

Für die Professuren verantwortlich seien Benno Brinkhaus und Andreas Michalsen, erklärt Zingl. Die Stiftungsprofessur von Brinkhaus werde von einem Konsortium finanziert. Dazu gehörten unter anderem der Kneipp-Bund, eine Krankenkasse und die Software-AG-Stiftung. Bei Michalsens Professur für Naturheilkunde handle es sich um eine Erstattungsprofessur, die durch das Immanuel Krankenhaus finanziert wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.