Verschobene Wahlen im Kongo: 1,25 Millionen Wähler ausgeschlossen

In vier Wahlkreisen findet der bereits verschobene Urnengang erst im März statt. Der neue Präsident wird trotzdem im Januar vereidigt.

ein Kongolese im Weihnachtsmann-Outfit

Kongolesischer Osterhase? Kinshasa, 25. Dezember Foto: ap

BERLIN taz | Die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo am 23. Dezember 2018 werden immer merkwürdiger. Nicht nur haben sie noch gar nicht stattgefunden, da der Wahlkommission drei Tage vor dem Wahltermin auffiel, dass nach dem Großbrand in ihrer zentralen Lagerhalle in der Hauptstadt Kinshasa eine Woche zuvor wichtige Materialien fehlten.

Es werden jetzt auch, wie die Kommission am Mittwoch verkündete, 1.256.177 der rund 40 Millionen registrierten Wähler vom neuen Wahltermin 30. Dezember 2018 ausgeschlossen sein – denn in vier der 181 Wahlkreise findet die Wahl nicht statt. Sie soll im März nachgeholt werden, aber der neue Präsident wird trotzdem am 18. Januar vereidigt.

Hauptgrund für die Verschiebung: Die Ebola-Epidemie im Ostkongo. Die hat schon 354 Tote gefordert und wütet im Kriegsgebiet: Mysteriöse Rebellen massakrieren regelmäßig die Zivilbevölkerung, während zugleich nirgendwo sonst im Land mehr Soldaten stationiert sind. In den Großstädten Butembo und Beni sowie im Umland-Wahlkreis Beni kann daher nicht gewählt werden.

„Die Wahlen bringen erhebliche Bewegungen von Wählern zu den Wahlzentren mit sich, was zu Bevölkerungskonzentrationen und einer großen Promiskuität führt, mit einem erhöhten Risiko der Ausbreitung dieser Krankheit und einer Begünstigung terroristischer Angriffe“, wirft die Wahlkommission Ebola und Terror in einen Topf.

Etwas nachvollziehbarer ist die Wahlaussetzung im Wahlkreis Yumbi in einer entlegenen Region im Westen des Landes am Kongo-Fluss. Dort haben Konflikte im Wahlkampf 80 bis 150 Tote gefordert und die Wahlkommission stellt „massive Bevölkerungswanderungen, die Zerstörung sämtlicher Wahlmaterialien und -dokumente, die Plünderung der Lager und Einrichtungen der Wahlkommission sowie ständige Anspannung“ fest.

Hochburg der Nande-Volksgruppe ohne Stimme

Doch in Yumbi gibt es nur 67.000 Wähler. Der Wahlausschluss von 1,2 Millionen Menschen im Ostkongo hingegen lässt den Großteil der Volksgruppe der Nande, größte Ethnie der Provinz Nord-Kivu, ohne Stimme.

Das ist für die Regierung sehr praktisch: Bei den bisherigen Wahlen 2006 und 2011 stimmten die Nande-Hochburgen massiv für Präsident Joseph Kabila. Inzwischen aber haben sie sich in großer Zahl gegen Kabila gewendet. Sein Wunschnachfolger Emmanuel Shadary findet in Beni und Butembo wenig Zustimmung.

Es ist aber auch eine Strategie mit hohem Risiko. Während der Kongokriege 1998–2003 war die Nande-Region jahrelang faktisch ein eigener Staat. Benis damaliger Rebellenführer Mbusa Nyamwisi, später Kongos Außenminister, lebt jetzt im Exil und spekuliert auf eine Rückkehr ins Kriegsgeschäft. Hat Kongos Wahlkommission ihm gerade sein altes Reich auf dem Silbertablett serviert?

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