Kolumne Pressschlag: Mit Kitsch die Welt retten

Nun trifft es also Katar: Zu Beginn des Asien-Cups werden die politischen Verwerfungen im Fußballverband AFC sichtbar.

Blick ins Stadion von Doha

Mögen die Spiele beginnen, der Konflikt ist ja bereits da Foto: Imago / Xinhua

Liest man nur die Erklärungen der Fassadenmaler, dann ist der Fußball eine heile Welt. Der Fußballverband Asiens (AFC) pfeift am Samstag sein größtes Turnier, den Asien-Cup, an und bewirbt es mit dem schönen Slogan: „Bringing Asia Together“.

Dass es mit der unbeschwerten Zusammenkunft schon immer haperte, weiß man frühestens seit dem Ausschluss des Gründungsmitglieds Israel aus der AFC; arabische Staaten forcierten 1974 den Rauswurf der verhassten Israelis.

Jetzt hat es den stellvertretenden Präsidenten der AFC erwischt, Saoud al-Mohannadi. Er kommt aus Katar und ist auch in seiner Heimat Vize des Fußballverbandes. Es handelt sich um einen innerarabischen Konflikt, der aber nicht minder brisant ist als die Dauerfehde mit den Israelis.

Mohannadi wollte vom Oman aus in die Vereinigten Arabischen Emirate fliegen, wo neuerdings 24 Teams um den Asien-Cup spielen. Doch der Funktionär durfte das Flugzeug nicht besteigen, weil angeblich Visa-Formalitäten noch nicht geklärt gewesen seien. Der TV-Sender Al-Dschasira verbreitete die Nachricht, Mohannadi sei die Einreise verweigert worden.

Es handelt sich um einen innerarabischen Konflikt, der aber nicht minder brisant ist als die Dauerfehde mit Israel

Seit geraumer Zeit behandeln die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Bahrain den arabischen Nachbarn Katar wie einen Kollaborateur. Sie boykottieren das gasreiche Land am Persischen Golf. Die Grenzen sind weitgehend dicht. Der Handel mit den Nachbarn ist zum Erliegen gekommen. Und Flüge von Katar in die Vereinigten Arabischen Emirate oder nach Saudi-Arabien sind unter normalen Umständen auch nicht mehr möglich.

Neuer AFC-Vorsitzender wird gewählt

Dahinter steckt nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen den zwei großen religiösen Richtungen des Islam, es geht vor allem um die Vorherrschaft in der Golfregion, die das sunnitische Saudi-Arabien keineswegs dem schiitischen Iran überlassen will. Katar, das sich nach Meinung der Machthaber in Riad den Mullahs zu sehr angenähert hat, wurde Anfang 2017 mit einem panarabischen Bann belegt, der nun wohl auch dem Funktionär Mohannadi zum Verhängnis geworden ist.

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Spötter könnten einwenden: Da hat es bestimmt keinen Falschen getroffen, denn Mohannadi musste schon einmal von der Fifa sanktioniert werden, weil er sich der Aufklärung in einem Korruptionsfall verweigerte. Aber so einfach ist es selbstredend nicht.

Mohannadis Chef in der AFC heißt Salman bin Ibrahim Al Khalifa und kommt – aus Bahrain. Mohannadi wiederum müsste dringend vor Ort sein, weil er zum Organisationskomitee des Turniers gehört. Man könnte nun vermuten, der Scheich aus Bahrain folge gar nicht mal so sehr den Leitlinien der Anti-Katar-Koalition, sondern vielmehr seinen eigenen Interessen.

Denn Ende des Jahres wird in der AFC ein neuer Präsident gewählt. Zwei Gegenkandidaten wollen ihm den Posten streitig machen: Mohammed Khalfan al-Romaithi aus den Emiraten und besagter Mohannadi. Es verläuft also nicht nur eine Demarkationslinie entlang der Arabischen Halbinsel, sondern auch eine durch den asiatischen Fußballverband.

Fifa-Chef Gianni Infantino hat das natürlich längst erkannt. Er möchte aus der WM 2022 in Katar am liebsten ein großes, kitschiges Versöhnungsturnier machen, mit dann schon 48 Teams und allerhand Willensbekundungen beider Seiten. Ganz nach dem Motto: Bringing Asia Together.

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