Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Goldene Worte von Franck Ribéry, unbelehrbare Internetnutzer, die Funkstille im Mondschatten und die gewaltige Bescheidenheit der taz.

Auf dem Mond landet eine Weltraumonde

Es gehe um die Funkstille im Mondschatten, aus der sich das All ungestörter beobachten lasse Foto: CNSA/XinHua/dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Hunderte pilgern in der Silvesternacht auf die völlig zu Recht so gehießene Dortmunder „Blickstraße“: Feuerwerkspanorama. Doch dann: Nebel.

Und was wird besser in dieser?Ausweislich der Müll-Lawine hat Feuerwerk stattgefunden.

PolitikerInnen und JournalistInnen sind Opfer eines Datendiebstahls geworden. Was lernen wir daraus?

Wieder nichts. Dass man sich bei Netzwerken nicht mit der Mailadresse, Mobtelnummer oder WhatsApp-Kennung anmelden soll, ist so dermaßen Verbandskasten der Neuzeit, wie „Du sollst kein doofes Passwort verwenden“ bereits im Diensthandy von Moses stand. Google sabbert Nutzer seiner Tochter YouTube mit Anfragen voll, AOL wird ohne Telefonnummer ganz traurig, WhatsApp und Facebook sind zwei Gullydeckel in dieselbe Unterwelt. Will nicht sagen: „Selber schuld“, sondern: Alle weichen Hinweise halfen nichts. Der noch nicht enttarnte Hackbraten „Orbit“ konnte alle diese Daten „rückwärts“ verwenden und beweist so, dass den großen Datenhandelsunternehmen Sicherheitsrisiken wumpe sind. Nun wird das „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“ gescholten, und Sozialdemokraten fordern gut staatsbesoffen, das BSI müsse „zentrales Cyberabwehrzentrum Deutschlands“ werden. Statt für eine digitale Gruselbehörde argumentiert Justizministerin Barley präziser: „Sicherheitsvorgaben für Softwarehersteller und Internetplattformen“ seien nötig. Und in der Tat: Wenn „Wachturm“-Missionare Traktätchen feilbieten, in denen Lamm und Löwe gottgefällig kuscheln, mag das glauben, wer will. Wenn Datenkonzerne uns das Gleiche über unsere Daten und ihre Habsucht erzählen, nicken wir’s ab und gründen eine neue Behörde. ARD-Chef Wilhelm liked seit Monaten „ein europäisches YouTube mit Elementen von Facebook“, aber aufbauend „auf europäischen Idealen von Vielfalt, Qualität und Offenheit“. Der Mann war Merkels Regierungssprecher, leitet nun den BR und, ok, so sehen also heute Linksradikale aus.

Apropos Lernen: Die CSU gibt sich auf ihrer Klausurtagung im Kloster Seeon recht zurückhaltend. Keine neue grundsätzliche Asyldebatte, kaum scharfe Töne, man wolle die Große Koalition in Berlin stärken. Was ist da los?

Die Erklärung für Seeon '19 ist Seeon '18: Zum Wahljahr positionierte sich die CSU als „Stimme der bürgerlich-konservativen Wende in Europa“, und das meinte sie ernst wie Orbán, damals Klausur-Gast. Mit dem Migrationsthema wollte man die absolute Mehrheit verteidigen. Es erwies sich als solide Methode, die Mehrheit loszuwerden. Nun mümmeln die Söderista Schwarzbrot, irgendwas mit Unternehmenssteuern, auf jeden Fall Auto und a Grechtigkeit muas her! Bisher hat Söder nur bewiesen, dass er den Altbauern vom Hof graulen kann. Auch wenn der Hof dabei ein Drittel kleiner wird.

Friedrich Küppersbusch ist Moderator, Fernsehproduzent und ändert sein Passwort.

In der Silvesternacht hat ein Mann mit seinem Auto mehrere Menschen angefahren, fünf Opfer wurden schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter habe „aus einer persönlichen Betroffenheit und Unmut heraus dann Hass auf Fremde entwickelt hat“, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul von der CDU. Ist das die verklausulierte Umschreibung für „Rechten Terror“?

Makabre Logik der Mediendemokratie: ohne den Bezug zum Migrationsthema wäre die Gewalttat so schnell durch wie, ach genau, Münster im April '18, „Kiepenkerl-Amokfahrt“, vier Tote, 20 Verletzte. Und nicht in Bezug gesetzt worden zu „Amberg“, wo betrunkene Ochsen Passanten verletzten. Eine 80-Millionen-Gesellschaft birgt und gebiert katastrophale Situationen, auch, wie alles andere. Trauer und Bestürzung zu überspringen, um gleich sein Süppchen drauf heiß zu bekommen: der gemütliche kleine Terror des Biedermanns, so begehen Spießer Anschläge. Deshalb nix gegen Reuls behutsame Wortwahl.

Wenn es um die Funkstille im Mondschatten geht, hätte ich den Chinesen auch reizvolle Funklöcher im Dortmunder Süden empfehlen können

Eine chinesische Sonde ist auf der erdabgewandten Seite des Mondes gelandet. Wie geht ’s jetzt weiter?

Ein Entwicklungsland kann in 53 Jahren einen reichen Hightech-Staat einholen, und in Perspektive überholen: Als die sow­jetische „Luna 9“ auf der Vorderseite des Mondes landete, brach Maos China mit der „Kulturrevolution“ gerade in eine gruselige Vergangenheit auf. Wissenschaftlich gehe es um die völlige Funkstille im Mondschatten, aus der heraus sich das All ungestörter beobachten lasse. Da hätte ich den Chinesen auch landschaftlich reizvolle Funklöcher im Dortmunder Süden empfehlen können. Dann auch um Prestige, seltene Rohstoffe und Tests zum Pflanzenanbau. Und vermutlich ein großes Pappschild mit der Aufschrift „Was das militärisch bedeutet, erzählen wir euch, wenn ihr mal vorbeikommt.“

Der Anschlag auf ein AfD-Büro in Döbeln schade der Demokratie, sagte Sachsens Vize-Regierungschef Martin Dulig (SPD). Hat er recht?

Nicht so bescheiden, taz! Ralf Sotscheck, der Dorian Gray der Alternativpresse, hatte zu Jahreswechsel trotz seiner jugendlichen Anmutung tiefe Geschichtserinnerung angeboten: Zur Debatte „Mit Rechten reden“ erinnerte er an die „Gruppe 43“, die in den 40er Jahren „gegen Oswald Mosleys Faschisten im Londoner East End vorgingen. Sie verprügelten Mosleys Leute, wann immer die öffentlich auftraten“. Darin las die Plattform „Tichys Einblick“ einen „lupenreinen Gewaltaufruf“, der „mit hoher Wahrscheinlichkeit mehrere Straftatbestände erfüllt“. Was wiederum das rechte Forum „pi-news“ zu einer sauberen Abschrift hinriss und fordern ließ, Dulig hätte anlässlich des Döbelner Vorfalles taz-Korrespondent Sotscheck verurteilen müssen. Das liest sich kompliziert, doch mit etwas Schwung macht jemand noch „taz bombardiert Dresden – schon wieder!“ draus.

Franck Ribéry hat ein mit Blattgold überzogenes Steak gegessen, ein Foto davon gepostet und dafür einen Shitstorm abbekommen. Er wandte sich an die „Neider und Hater, die durch ein löchriges Kondom entstanden sein müssen“. Wer hätte wann mit wem respektvoller umgehen müssen?

Einer Verfilmung des FC Bayern steht zentral entgegen, dass man diesen Blödsinn keinem Autor abkaufen würde.

Und was machen die Borussen?

Der BVB hat in der laufenden Saison 13 Spieler mit einem Marktwert von rund 120 Millionen Euro, sagen wir mal eine aussichtsreiche Bundesliga-Mittelfeld-Mannschaft, verkauft. Zusammen mit der Einnahme für das Trikot für mein Patenkind sind sie jetzt saniert.

Fragen: JÜK

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.