Deutsches Frauenfußball-Nationalteam: Bloß nicht zu konventionell

Das Frauenteam verzichtet unter der neuen Trainerin auf das Testturnier vor der WM. Auch eine offizielle WM-Zielsetzung gibt es noch nicht.

Martina Voss-Tecklenburg kniet auf einem Fußballplatz

Schon in der Schweiz hat Martina Voss-Tecklenburg ihren Spielerinnen Selbstvertrauen vermittelt Foto: dpa

MARBELLA taz | Von Marbella bis nach Alicante ist es nicht gerade ein Katzensprung. Mehr als 500 Kilometer und fünf Stunden Fahrzeit, die aber auf einer ausgebauten Küstenautobahn mit teils faszinierenden Panoramaausblicken wie im Fluge vergehen können. Martina Voss-Tecklenburg hängt diesen Abstecher am heutigen Dienstag noch ans Trainingslager der deutschen Frauen-Nationalmannschaft an, deren Tross sich am Montag auf die Heimreise nach Deutschland gemacht hat. Die Bundestrainerin will gemeinsam mit ihrer Assistentin Britta Carlson im Estadio José Rico Pérez von Alicante sehen, wie sich heute die spanischen Fußballerinnen im Test gegen den Weltmeister USA schlagen.

Was ja Sinn macht: Für die DFB-Auswahl gilt bei der Frauen-WM in Frankreich (7. Juni bis 7. Juli) das zweite Gruppenspiel gegen Spanien als die Schlüsselpartie. Und als Augenzeugin des Freundschaftsspiels zwischen Frankreich und den USA (3:1) am Wochenende reifte bei Voss-Tecklenburg die Erkenntnis: „Wir werden im Sommer in jedem Spiel ans Limit gehen müssen.“ Einen Eindruck vom Lei­stungsstand ihres Teams gibt es am 28. Februar beim ersten Test im französischen Städtchen Laval gegen den WM-Gastgeber.

Ein zweiter ist für den 6. April in Schweden fixiert, dazu soll es im April und Mai noch zwei Heim-Länderspiele gegen hochkarätige Gegner geben. Voss-Tecklenburg hatte bereits bei ihrer Amtsübernahme verkündet, in der WM-Vorbereitung die eingetretenen Pfade zu verlassen: kein Testturnier wie unter ihren Vorgängerinnen Silvia Neid und Steffi Jones zu dieser Jahreszeit beim Algarve Cup in Portugal oder She Believes Cup in den USA, sondern bloß ein Wintercamp ohne offizielles Testspiel, um in Ruhe in Theorie und Praxis arbeiten zu können.

Die 51-jährige Trainerin und ihre neuen Spielerinnen wollten sich erst einmal näher kennenlernen. Von einer intensiven Woche „mit einem wunderschönen Ambiente und überragenden Bedingungen“, schwärmte Voss-Tecklenburg über das Marbella Football Center.

Fast arbeitswütig

Anfangs sei sie zwar selbst aufgeregt gewesen („Das habe ich an meinem Körperspannungsgefühl gemerkt.“), dann aber sei es schnell gelungen „Vertrauen aufzubauen, Zielvereinbarungen zu treffen“. Mit den meisten Spielerinnen habe es teils 30 oder 40 Minuten lange Einzelgespräche gegeben. Denn: „Bestimmte Positionen erfordern bestimmte Charaktere.“

Schon beim Schweizer Fußball-Verband hat diese fast arbeitswütige Fußballlehrerin ihren Spielerinnen nicht nur Leitplanken fürs Positionsspiel, sondern vor allem Selbstvertrauen vermittelt. Fehler sind grundsätzlich erlaubt, und werden beispielsweise beim Dribbling sogar eingefordert. Wegen des erweiterten Anforderungsprofils ist die WM-Tür für einen Kreis von 40 Spielerinnen offen. Für einen Kaderplatz kämen auch ein oder zwei Kandidatinnen aus der ganz jungen Garde infrage, sagt die 125-fache Nationalstürmerin.

Martina Voss-Tecklenburg

„Wir werden in jedem Spiel ans Limit gehen müssen“

Ihre erste Sichtung machten – wegen teils kurzfristiger Absagen – bereits Talente wie Klara Bühl (SC Freiburg), Laura Freigang und Tanja Pawollek (beide 1. FFC Frankfurt), Sjoeke Nüsken (Westfalia Rhynern) oder auch die gerade erst 17 Jahre alt gewordene Lena Sophie Oberdorf (SGS Essen) mit. Voss-Tecklenburg: „Gradmesser ist für mich nicht, ob jemand 17, 18 oder 25 Jahre alt ist, sondern wie setzt diejenige unsere Vorgaben um.“ Über einzelne Namen spricht die neue Chefin jedoch ebenso wenig wie über eine Zielsetzung im WM-Sommer. Dass Deutschland immer noch zu den „sieben, acht Topnationen“ im Frauenfußball gehört, bestreitet auch sie nicht.

Drängend wird allmählich die Frage, ob ihre Fußballerinnen erstmals bei einer WM ein festes Basisquartier beziehen. Voss-Tecklenburg würde diese Variante bevorzugen, da aber schon die Gruppenspiele gegen China (8. Juni), Spanien (12. Juni) und Südafrika (17. Juni) über ganz Frankreich verstreut sind, könnte es doch vorteilhaft sein, sich wie üblich von Spielort zu Spielort zu bewegen. Einen Fehler werden die deutschen Frauen vermeiden: sich wie einst die Männer bei der EM 2016 in Évian-les-Bains fernab der französischen Wirklichkeit am Genfer See zu verschanzen.

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