Shutdown in den USA: Hunderttausende arbeiten ohne Lohn

Der US-Haushaltsstreit trifft 800.000 Mitarbeiter der Regierung hart. Sie sind im Zwangsurlaub oder müssen unbezahlt arbeiten.

Beleuchtete Gebäude während der Morgendämmerung

Die Skyline in Washington D.C. am Tag 19 nach dem teilweisen Shutdown Foto: ap

BERLIN taz | Bei dem teilweisen Stillstand der US-Regierung geht es längst nicht nur um Regierungsgeschäfte. Es geht auch nicht bloß um die Schlammschlacht zwischen Demokraten und Republikanern. Persönlich betroffen von dem sogenannten Shutdown sind vor allem die 380.000 Regierungsmitarbeiter*innen, die sich seit dem 22. Dezember im unbezahlten Zwangsurlaub befinden und die 420.000 Menschen, die ohne Bezahlung arbeiten müssen.

Zu dem Shutdown kam es, weil der Kongress sich nicht auf das jährliche Budget für die betroffenen Regierungsbehörden einigen konnte. Unter anderem geht es um die Ministerien für Heimatschutz, Landwirtschaft sowie Justiz. Größter Streitpunkt sind die Finanzen des Heimatschutzministeriums. US-Präsident Donald Trump will fünf Milliarden Dollar für eine Mauer an der Grenze zu Mexiko ausgeben und damit ein zentrales Wahlkampfversprechen einlösen. Die Demokraten sind vehement dagegen.

Der Shutdown an sich ist nichts Ungewöhnliches in der US-Politik. In der Vergangenheit führten Konflikte bei der Budget-Verabschiedung immer wieder zu einem derartigen Stillstand. Allerdings ist aktuell noch völlig unklar, wie lange der Zustand andauern wird. Am Mittwoch reichte er mit 19 Tagen bereits fast an den Rekord aus dem Jahr 1995 heran, als die Regierung für drei Wochen lahmgelegt war. Trump sprach sogar davon, dass er sich einen Stillstand von Monaten oder gar Jahren vorstellen könne, wenn die Mauer zu Mexiko nicht gebaut werde.

Bei vergangenen Shutdowns sorgte der Kongress dafür, dass die Mitarbeiter*innen im Nachhinein bezahlt wurden, sobald der Stillstand vorbei und das Budget bewilligt war. Erst vor wenigen Tagen stellten 30 demokratische und republikanische Senator*innen einen Gesetzentwurf vor, um auch dieses Mal die nachträgliche Bezahlung der Regierungsmitarbeiter*innen zu gewährleisten. Das dürfte die Betroffenen jedoch nur begrenzt beruhigen, da schließlich ein Ende nicht absehbar ist.

Gewerkschaft: „Menschenunwürdiger“ Zustand

Wer arbeiten muss und wer zwangsbeurlaubt ist, entscheiden die Behörden vorab. Kriterium ist etwa, wer als „essentiell“ für die Regierungsarbeit angesehen wird; zum Beispiel, weil die Betroffenen menschliche Leben retten oder beschützen. Unter anderem gehört das für die Grenzsicherung zuständige Flughafenpersonal dazu. Es haben sich allerdings etliche dienstverpflichtete Mitarbeiter*innen krank gemeldet, sodass die Wartezeiten an den Flughäfen länger werden.

Die Regierung gibt den betroffenen Mitarbeiter*innen sämtlicher Behörden immerhin Hilfestellungen: Die Behörde für Personalmanagement stellt Betroffenen Muster für Briefe zur Verfügung, in denen sie Kreditgeber und Hypothekenbanken um verminderte Zahlungen bitten können.

In dem Muster heißt es: „Wie bereits besprochen, bin ich Regierungsmitarbeiter, der kürzlich wegen mangelnden Budgets für meine Behörde zwangsbeurlaubt wurde. Deswegen ist mein Einkommen stark vermindert und es ist mir nicht möglich, meine monatlichen Zahlungen in voller Höhe zu begleichen.“ Zudem gibt sie Betroffenen eine 47-seitige Broschüre an die Hand, in der sie Auswirkungen und Fakten zum Zwangsurlaub nachlesen können.

Mehrere Gewerkschaften klagen bereits gegen die Regierung. Ihrer Ansicht nach ist es ein Verstoß gegen den „Fair Labor Standards Act“, wenn Regierungsmitarbeiter*innen ohne Bezahlung zur Arbeit gezwungen werden. Gewerkschaftschef J. David Cox bezeichnete diese Praxis gar als „menschenunwürdig“.

„Hier geht es um Fairness“

Noch düsterer sieht es für Betroffene aus, die nicht bei Regierungsbehörden angestellt sind, zum Beispiel Kantinen-Mitarbeiter*innen oder Reinigungskräfte. Die Washington Post berichtet, rund 2.000 Menschen seien betroffen. Anders als die Behördenangestellten können diese sich nicht darauf verlassen, nach dem Shutdown rückwirkend ihren Lohn zu erhalten.

Eine Gruppe von demokratischen Senatoren und Senatorinnen will das ändern. „Hier geht es um Fairness“, erklärte Senatorin Tina Smith aus dem Bundesstaat Minnesota. Die Vertragsarbeiter*innen würden ohnehin bereits von „von einer Gehaltsabrechnung zur nächsten“ und damit in prekären Verhältnissen leben, beklagten die Demokrat*innen.

Auf Twitter erzählen viele Betroffene unter dem Hashtag #ShutdownStories, was der Stillstand für sie persönlich bedeutet:

„Ich habe gerade erfahren, dass die kleine Regierungs-Vertragsfirma, für die ich arbeite, mich feuert… (…) Ich hab meinen Job geliebt. Mein Mann ist Diplomat und bekommt quasi kein Gehalt, wir müssen noch eine Hypothek abbezahlen und haben ein Kind mit Zahnspange. Bitte beendet diesen Zustand.“

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Auch nach der Rede von Donald Trump am Dienstag bleibt unklar, wie lange die Mitarbeiter*innen noch auf ihr Gehalt verzichten müssen. Trump selbst ist von dem Shutdown nicht betroffen. Das Gehalt des Präsidenten darf während seiner Amtszeit nicht ausgesetzt werden.

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