Ein Nichts mit großem Aufwand

In einer landesweit ausgestrahlten Rede spricht US-Präsident Trump über die „Krise“ an der US-Südgrenze

Von Bernd Pickert

„Ein großes Nichtereignis“ war die auf allen großen US-Fernsehkanälen live übertragene Rede des Präsidenten Donald Trump am Mittwochabend, urteilt der New Yorker.

Die Ansprache aus dem Oval Office, dem Präsidentenbüro im Weißen Haus, war als wichtige Rede an die Nation über die „Sicherheits- und humanitäre Krise an der Südgrenze“ der USA angekündigt worden. Die Intention war klar: Im andauernden Haushaltsstreit mit den oppositionellen Demokraten im Kongress wollte Trump verdeutlichen, warum er an seinem Willen zum Bau einer Mauer so starr festhält, dass er deswegen sogar die bald zweieinhalb Wochen andauernde Haushaltssperre in Kauf nimmt, den sogenannten Shutdown. Davon sind rund 800.000 Bundesbedienstete betroffen, deren Lohn- und Gehaltszahlungen ausbleiben.

Normalerweise, wenn ein US-Präsident die Fernsehsender bittet, ihm für so eine Ansprache exklusive Sendezeit einzuräumen, geht es um essenzielle Ankündigungen. George H. W. Bush verkündete am 16. Januar 1991 von dieser Stelle aus den Beginn des zweiten Golfkriegs zur Befreiung Kuwaits von irakischer Besatzung. Sein Sohn erklärte von dort aus im Oktober 2001 den Beginn des Afghanistan- und knapp eineinhalb Jahre später des Irakkriegs.

Trump seinerseits hatte absolut nichts Neues anzukündigen. Wie im Wahlkampf 2016 beschwor er ein Szenario, demzufolge illegale Einwanderung und unzureichende Grenzsicherung zu Mexiko für nahezu alle gravierenden Probleme der USA verantwortlich wären, von zigtausenden Drogentoten in den USA über Gewaltkriminalität bis zu Jobproblemen von AfroamerikanerInnen.

Die Factchecker der US-Medien hatten wenig Mühe, fast alle Behauptungen des Präsidenten als entweder falsch oder zumindest stark übertrieben zu entlarven. Schließlich forderte Trump die Demokraten auf, mit der Zustimmung zu seinen geforderten 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau die Haushaltssperre zu beenden und lud für den Mittwoch erneut zu Gesprächen ein. Der Kongress solle jetzt endlich einmal seinen Job machen.

Die US-Sender hatten genau das erwartet und daher zuvor recht laut darüber nachgedacht, ob sie die Sendezeit für Trump überhaupt zu Verfügung stellen sollten – zumal der die Medien kurz zuvor auf Twitter erneut heftig beschimpft hatte. Da er aber nun einmal der Präsident ist, gaben sie ihm die neun Minuten – sendeten aber die von den demokratischen KongressführerInnen, Repräsentantenhaussprecherin Nancy Pelosi und Senatsfraktionschef Chuck Schumer, vorgetragene Antwort gleich hinterher.

Auch Schumer und Pelosi hatten nichts zu sagen, was in dem seit Wochen andauernden Streit nicht schon zigmal gesagt worden wäre. Sie kritisierten, Trump nehme mit der Haushaltssperre die US-Ame­ri­ka­ner*innen als Geiseln, nur um seine überteuerte und ineffektive Mauer unbedingt durch zu bekommen. Sie erinnerten erneut an das am ersten Tag des neu konstituierten Kongresses letzte Woche vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Gesetz, mit dem die Haushaltssperre sofort ausgehoben werden könnte, und forderten den Präsidenten auf, seine Blockadehaltung zu beenden.

Beide Auftritte dokumentierten, dass es so keine Einigung geben kann – und dass es darum auch nicht ging. Trumps einziges Ziel war es, jenseits von Twitter und ohne lästige Nachfragen noch einmal kompakt seine Position vorzutragen und seine eigene Basis bei der Stange zu halten. Das könnte ihm gelungen sein. Aber dass er irgendjemanden überzeugt hat, der vorher gegen die Mauer war, ist unwahrscheinlich.

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