Proteste in Bangladesch: Textilarbeiterinnen demonstrieren

Zehntausende gehen für bessere Arbeitsbedingungen in Dhaka auf die Straße. Mehrere Dutzend Menschen werden verletzt, ein Arbeiter stirbt.

Zahlreiche bunt bekleidete Frauen protestieren

Tausende gehen für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße Foto: reuters

RANGUN taz | Die Premierministerin von Bangladesch, Sheik Hasina, war noch nicht einmal vereidigt, als am Sonntag Textilarbeiter gegen ihre Regierung auf die Straße zogen. Dutzende Protestierende sind seither verletzt worden. Sie fordern eine gerechtere Verteilung des Mindestlohns, der demnächst angehoben werden soll.

Die Polizei antwortete mit Wasserwerfern und Tränengas auf rund zehntausend wütende Arbeiter, die die Hauptverkehrsstraßen in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka blockiert hatten. Arbeiter warfen mit Ziegelsteinen und setzten Fahrzeuge in Brand. Mehrere Dutzend Menschen wurden verletzt, darunter auch Polizisten. Ein Arbeiter starb. Der deutsche Botschafter in Dhaka, Peter Fahrenholtz, rief die Polizei auf Twitter dazu auf, nicht gegen die streikenden Arbeiter vorzugehen.

Die Regierung hatte im September versprochen den Mindestlohn um bis zu 51 Prozent auf 8.000 Taka (84 Euro) pro Monat anzuheben. Kritiker bemängeln jedoch, dass davon nur ein Teil der Arbeiter wirklich profitieren würde.

Obwohl die Regierung am Dienstag versprach, sie würde sich mit den Forderungen der Protestierenden auseinandersetzen, gingen weiter Tausende auf die Straße. Am Donnerstagabend tagt ein von der Regierung ins Leben gerufenes Komitee aus Regierungsvertretern, Fabrikbesitzern und Arbeitern, das den Konflikt beilegen soll.

Einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren

Khondaker Golam Moazzem vom Center for Policy Dialogue in Dhaka, einem zivilgesellschaftlichen Thinktank, der sich mit Menschen- und Arbeiterrechten beschäftigt, zufolge, würden die Rechte von Arbeitern in Bangladesch generell nicht ausreichend beachtet. „Arbeiter haben es schwer, Zugang zu Diskussionen über ihre Arbeitsbedingungen zu bekommen. Viele Konflikte werden deshalb auf der Straße ausgetragen“, sagte er der taz.

Die Textilwirtschaft ist einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren in Bangladesch, das unter der Regierung von Premierministerin Sheik Hasina beeindruckende Wachstumsraten von rund 6 Prozent vorweisen kann. Der Weltbank zufolge sind in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr 19, sondern nur noch 9 Prozent aller Bangladescher von extremer Armut betroffen.

Nach China ist Bangladesch der zweitgrößte Textilexporteur der Welt. Die rund 4.500 Fa­bri­ken im Land produzieren für internationale Marken wie H&M, Zara und Aldi. Die Textilindustrie sorgte international für Schlagzeilen als 2013 der Rana-Plaza-Gebäudekomplex zusammenstürzte. Obwohl am Vortag des Unglücks Risse in den Wänden entdeckt worden waren, wies man die Textilarbeiter an, zur Arbeit zu erscheinen. Mehr als 1.000 starben.

Am 21. Januar wird Bangladeschs oberster Gerichtshof entscheiden, ob der Bangladesh Accord, ein internationaler Prüfmechanismus, der nach Rana Plaza mehr Sicherheit in den Fabriken garantieren sollte, verlängert oder, wie von der Regierung gewünscht, aufgekündigt wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.