KandidatInnen für Präsidentschaftswahl: US-DemokratInnen mit viel Auswahl

Zuerst Elizabeth Warren, nun auch Tulsi Gabbard und Julián Castro: Immer mehr US-DemokratInnen wagen sich aus der Deckung.

Eine Frau, Tulsi Gabbard

Tulsi Gabbard, derzeit noch Kongressabgeordnete der Demokraten aus Hawaii Foto: ap

NEW YORK taz | Die Demokratische Partei hat weder ein klares Programm noch eine erkennbare Führung, aber an KandidatInnen für die nächste Präsidentschaftswahl mangelt es ihr nicht. Allein an diesem Wochenende – zwei Monate nach den Midterm-Wahlen – haben zwei weitere DemokratInnen ihre Kandidatur öffentlich gemacht: die Hawaiianerin Tulsi Gabbard und der Texaner Julián Castro.

Schon am 31. Dezember hatte die Jura-Professorin Elizabeth Warren (69) ein Video aus ihrer Küche veröffentlicht, in dem sie ankündigte, dass sie ins Weiße Haus will, um das Leben der „arbeitenden Familien“ zu verbessern. Die drei verstärken ein weites und buntes Feld von an die 30 DemokratInnen, die sich dazu berufen fühlen, im Jahr 2020 gegen Donald Trump anzutreten.

Das Gedränge bei den demokratischen KandidatInnen für 2020 erinnert an die Gemengelage der RepublikanerInnen vor 2017. Es bringt eine neue Generation von PolitikerInnen sowie mehr VertreterInnen von Minderheiten nach vorn. Die 37jährige Abgeordnete Gabbard hat erst vor zwei Jahren das nötige Alter für eine Präsidentschaftskandidatur erreicht. Sie könnte die erste Hindu im Weißen Haus werden.

Der ehemalige US-Wohnungsminister und einstige Bürgermeister von San Antonio in Texas, Castro, ist 44. Er könnte der erste Latino-Präsident werden. Zur selben Generation gehört auch Beto O'Rourke (46), der in den Midterms auf Rollerskates Wahlkampf in Texas machte und es beinahe geschafft hat, dem Republikaner Ted Cruz seinen Senatssitz abzujagen. Jetzt erwägt O'Rourke eine Kandidatur. Und das Partei-Establishment hält ihn für einen aufsteigenden Star.

Folgen Biden und Sanders?

Neben den „Jungen“, die nach dem erhofften Abtritt der Clintons erstmals einen Platz für sich sehen, denken auch PolitikerInnen, die seit Jahrzehnten zum Washingtoner Mobiliar gehören, über eine Kandidatur nach. Die beiden prominentesten unter ihnen werden zu Anfang der neuen Amtsperiode im Weißen Haus knapp unter 80 sein. Einer von ihnen ist Joe Biden, 76, der seit 1973 im Kongress saß, bis er unter Barack Obama als Vizepräsident wurde. Bereits 1987 wollte er Präsident werden.

Forderungen, die Clinton als utopisch abtat – wie die nach einer Krankenversicherung für alle – gehören heute zum Standard sämtlicher KandidatInnen

Der andere ist der demokratische Sozialist Bernie Sanders, 77, der seit 1991 im US-Kongress sitzt – zunächst im Repräsentantenhaus und seit 2007 im Senat – und der 2016 den linken Widerstand gegen Hillary Clinton organisiert hat und ihr im Vorwahlkampf gefährlich nahe rückte. Beide werden gegenwärtig – auch das gehört zur Folklore des beginnenden Vorwahlkampfes – von ihren AnhängerInnen bedrängt, zu kandidieren.

Viele andere haben ebenfalls klar gemacht, dass sie Absichten auf eine Präsidentschaftskandidatur haben. Sie haben Autobiografien veröffentlicht und angefangen, Geld für ihre Kampagne zu sammeln. Aber sie wollen noch ein paar Tage oder Wochen nachdenken. Zu ihnen gehören die kalifornische Senatorin Kamala Harris (52) und der Senator aus New Jersey Corey Booker (44), zwei aufsteigende afroamerikanische Stars ihrer Partei, zu ihnen gehören auch die Euroamerikanerinnen Kirsten Gillibrand (52), Senatorin aus New York, und Amy Klobuchar (58), Senatorin aus Minnesota.

Ebenfalls im Gespräch sind der Ex-Bürgermeister von New York und Multimilliardär Michael Bloomberg (76), neben dem Donald Trump wie ein armer Schlucker wirkt. Im Vorfeld seiner eigenen Kandidatur, hat der vom Republikaner zum Unabhängigen zum Demokraten mutierte Bloomberg in den Midterms 110 Millionen Dollar in den demokratischen Wahlkampf investiert. Aus der Umgebung von Hillary Clinton (71) verlautet gelegentlich, sie habe den Gedanken über eine neue Kandidatur nicht aufgegeben. „Ich wäre gerne Präsidentin“, sagte sie vor wenigen Wochen.

Demokratischer Richtungsstreit

Die generationellen Unterschiede sind nur der sichtbare Teil des Grabens, der durch das demokratische KandidatInnenfeld geht. Daneben klaffen politische Unterschiede, die wie ein Remake der Gemengelage von 2016 wirken, als Sanders die Progressiven und Clinton die ZentristInnen repräsentierte. Viele der jetzigen KandidatInnen kommen aus dem Flügel der demokratischen Partei, der jahrzehntelang von den Clintons dominiert wurde. Unter ihnen Biden, Gillibrand, Castro, Harris und Booker.

Warren hingegen war schon 2016, als ihre AnhängerInnen vergeblich auf ihre Kandidatur hofften, eine Linke. Und Gabbard war damals eine der seltenen demokratischen Abgeordneten, die Sanders unterstützten und den demokratischen Parteiapparat kritisierten. Doch ihre politische Übereinstimmung mit Sanders beschränkt sich auf innenpolitische Themen. Außenpolitisch nennt die Irak-Kriegsveteranin sich selbst eine Falkin und tritt für den Einsatz von Kampfdrohnen und Spezialtruppen gegen den „radikalen Islam“. Damit bekam sie auch die Anerkennung von Trumps' ehemaligem Berater Stephen Bannon.

Der politische Diskurs bei den DemokratInnen hat sich seit 2016 nach links verschoben. Forderungen, die Clinton als utopisch abtat – wie die nach einer Krankenversicherung für alle – gehören heute zum Standard sämtlicher KandidatInnen. Aber der Mann, der wie kein anderer für diese neue politische Verortung gesorgt hat, wird weiterhin vom Parteiapparat geschnitten. Und die Fernsehsender, die 2016 Clinton unterstützten, konzentrieren sich in diesen Tagen auf die Vorwürfe mehrerer Frauen, die erklären, dass sie von Bernie-Unterstützern sexuell belästigt wurden. Sanders hat sich dafür bereits mehrfach öffentlich entschuldigt.

Sanders‘ Basis besteht auch dieses Mal wieder vor allem aus jungen Leuten. Viele von ihnen waren schon 2016 dabei und sind seither politisch aktiv geblieben. Sie stellen eine erfahrene Basisorganisation. Am Samstagnachmittag organisierten sie 400 „House-Parties“ in allen 50 Bundesstaaten. Das Leitmotiv: Sanders soll 2020 antreten. Er ist – so argumentieren sie – der einzige, der 2020 gegen Trump gewinnen könne.

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