petition der woche
: Endlich die Hälfte vom Kuchen

Anlass der Petition In der Politik gibt es noch immer viel zu wenige Frauen

Das wollen die Initiatorinnen Mehr Frauen in die Parlamente!

Das wollen sie nicht Das gegenwärtige Wahlrecht behalten

Ich will nicht, dass Frauen in politischen Versammlungen mitreden“, befand der preußische Innenminister Hans von Hammerstein im Jahr 1902. „Ich glaube, es sähe traurig aus um unser preußisches Volk, um unseren preußischen Staat, wenn die leichte Erregbarkeit der Frauen in öffentlichen Versammlungen das Volk bewegen sollte.“

Hans von Hammerstein hatte das Nachsehen. Im Januar 1919 durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen und gewählt werden, von 423 Abgeordneten zogen 37 Frauen in die Nationalversammlung ein. Heute, 100 Jahre später, sind von 709 Abgeordneten 219 Frauen – der schlechteste Schnitt seit 20 Jahren. Auch in der Lokalpolitik sieht es nicht besser aus: Nicht einmal zehn Prozent aller BürgermeisterInnen hierzulande sind Frauen.

Um das zu ändern, verlangt der Deutsche Frauenrat: Mehr Frauen in die Parlamente! „Wir fordern die in den Parlamenten vertretenen Parteien auf, im Rahmen von Wahlrechtsreformen sicherzustellen, dass Männer und Frauen je zur Hälfte die Mandate in den Parlamenten innehaben“, heißt es in einem Aufruf dazu, der kürzlich online ging. 200 ErstunterzeichnerInnen hatten vorab unterschrieben, darunter die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und ParlamentarierInnen fast aller Fraktionen. Seitdem sind rund 3.000 Unterschriften dazugekommen. „Sehr zufrieden“ sei sie mit dem Start, sagt die Sozialdemokratin Elke Ferner aus dem Vorstand des Frauenrats.

Der Deutsche Frauenrat einigte sich in seiner Mitgliederversammlung nur mit Jastimmen und einer Enthaltung auf das Thema Parität – bemerkenswert einhellig für einen Dachverband, der fast 12 Millionen Frauen repräsentiert und in dem Organisationen fast aller Parteien, religiöse Verbände, Verbände von Landfrauen, Ärztinnen, Müttern oder Ingenieurinnen vertreten sind.

Deren Ziel ist nun, ein paritätisches Wahlrecht gesetzlich zu verankern. Zwei konkrete Vorschläge macht der Dachverband: Entweder müsse zum Einstimmenwahlrecht gewechselt oder das Verhältnis von Direkt- und Listenmandaten verändert werden. In beiden Fällen würden Listen auf Bundes- und/oder Landesebene quotiert.

Zwar steht derzeit ohnehin eine Änderung des Wahlrechts an, jedoch nicht mit dem Ziel der Parität, sondern um den Bundestag zu verkleinern. Seit der Bundestagswahl 2017 gibt es 709 statt der vorgesehenen 598 Abgeordneten, weil seit 2013 alle Überhangmandate ausgeglichen werden. Im Mai hatte Bundestagespräsident Wolfgang Schäuble erklärt, eine Änderung des Wahlrechts durchsetzen zu wollen. Die Kommission aus Schäuble und parlamentarischen GeschäftsführerInnen tagt bereits.

Der Frauenrat werde abwarten, ob der Vorschlag der Kommission die Parität bereits beinhalte, sagt Ferner. Ist dem nicht so, setze man auf das parlamentarische Verfahren. „Ich gehe davon aus, dass sich die Abgeordneten dann überparteilich verständigen, um zu schauen, wie der Vorschlag der Kommission konkret geändert werden kann, damit auch die Parität zum Tragen kommt“, sagte Ferner.

Ziel des Frauenrats ist, den nächsten Bundestag 2021 paritätisch zu wählen. Dafür müsste das Gesetz bis zum Frühsommer 2020 verabschiedet sein. Patricia Hecht