Staatliches Tierwohl-Label: Nicht für jedes Schwein

Julia Klöckner (CDU) stellt Kriterien für ein staatliches Tierwohl-Label vor. TierschützerInnen kritisieren die Unverbindlichkeit des Siegels.

Nahaufnahme vom Gesicht eines Schweines, das dicht gedrängt mit anderen Schweinen steht

Mastschweine müssen im Stall mit 0,9 Quadratmetern auskommen Foto: dpa

BERLIN taz | Erste Fleischprodukte mit dem staatlichen Tierwohl-Label kommen ab 2020 in die Läden – allerdings zunächst nur für Schweinefleisch und stets auf freiwilliger Basis. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) stellte nun ihre Pläne für das dreistufige Siegel vor.

Scharfe Kritik kommt prompt von Tierschützern. Sie monieren vor allem die Unverbindlichkeit des Siegels, das nicht für alle Produkte vorgeschrieben ist. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Thomas Schröder sieht hier den „Grundfehler“: „Die große Mehrheit der Schweine bleibt damit auf der Strecke.“ Martin Häusling, Agrarkoordinator der Grünen im Europäischen Parlament, schätzt den Marktanteil der gekennzeichneten Produkte lediglich auf 20 bis 30 Prozent.

Für Klöckner soll die Kennzeichnung ein Mehr an Tierwohl anzeigen, „denn die Anforderungen liegen über den gesetzlichen Mindeststandards“. Deshalb könne kein Betrieb dazu verpflichtet werden. Diese Anforderungen umfassen unter anderem eine bessere Haltung, mehr Platz und strengere Richtlinien für den Transport, als das Gesetz vorgibt. Je nach Stufe wird eine strengere Umsetzung verlangt. Nur wer die insgesamt 13 Kriterien erfüllt, darf sein Fleisch mit dem Tierwohl-Label bewerben.

Staatlich gefördertes Tierleid

So sollen Schweine in der ersten Stufe 20 Prozent mehr Platz im Stall zur Verfügung haben. „Für ein Mastschwein, das bis zu 110 Kilogramm wiegt, sind somit nur 0,90 Quadratmeter eingeplant“, kritisiert BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz. „Das ist viel zu wenig.“ Laut Tierschutzbund benötigen Schweine mit unversehrten Schwänzen deutlich mehr Platz.

Das Abschneiden von Schwänzen, genannt „Kupieren“, ist zwar laut Tierschutzgesetz grundsätzlich verboten, in der ersten Stufe aber nicht untersagt. Hier ist in den Plänen nur die Rede von einer „Beschleunigung des Einstiegs in den Ausstieg“. Für Agrarexpertin Wenz wird so Tierleid staatlich gefördert.

Denn damit sich Betriebe auf die Kriterien des Tierwohl-Labels umstellen können, hat Klöckner staatliche Zuschüsse in Aussicht gestellt. Eine genaue Summe und aus welchen Töpfen das Geld kommen soll, ließ sie aber offen. Sicher ist laut Klöckner, dass die Preise auch im Einzelhandel steigen würden – für ein ganzes Schwein um 10 bis 12 Euro. Wie die 13 Kriterien bei den Betrieben kontrolliert werden sollen, spezifizierte die Ministerin aber nicht.

Schon ab April werden Supermarktketten wie Aldi und Lidl ihr eigenes vierstufiges Siegel „Initiative Tierwohl“ in die Märkte bringen, das auch Rindfleisch und Geflügel kennzeichnen soll.

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