Der BND ist eröffnet: Festung mit Burgwall

Die Kanzlerin eröffnet die neue Zentrale des BND in der Berliner Chausseestraße. Im Supermarkt gegenüber gibt es zehn Sorten Basilikum.

Innen im BND ist viel Platz – drumherum mittlerweile alles zugebaut Foto: dpa

Lang ist sie 280 Meter, breit 150. Wie eine barocke Festung inklusive aggressiven Metallzauns und modernen Burgwalls macht sich die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in der Chausseestraße in Mitte breit. Klotzig, riesig – eine kaltschnäuzige Demonstration der Macht. 1,086 Milliarden Euro hat die Anlage gekostet, dazu kommen weitere 300 Millionen für die sogenannte Erstausstattung und den Umzug mit angeblich 100.000 Kartons. Ursprünglich sollte die neue Zentrale bereits 2011 fertig sein und 720 Millionen Euro kosten.

Es ist Freitagvormittag, gerade weiht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Trutzburg ein. Das Haus hat den Kiez, der direkt an den wilden Wedding grenzt, längst verändert. 700 Mitarbeiter zogen bereits Ende 2017 ein, ab heute sind es 3.200. In Pullach, dem bisherigen Standort des BND, hätten sich einige standhaft geweigert, in die Hauptstadt zu gehen, heißt es. Dabei sind die Büros für 4.000 Beschäftigte ausgelegt. Der BND sei verstärkt auf Personalsuche, wird berichtet.

Ob es dem BND in diesem monumentalen Bau gelingen wird, das viel beschriebene Schlapp­hut­image abzustreifen, ist fraglich. Andererseits: So wenig sich der Bau in die Stadt einfügt, so sehr hat sich die Nachbarschaft bereits an ihn angeschmiegt. Atmete der Kiez noch vor wenigen Jahren den Charme des Provisorischen, Bohemistischen, ist inzwischen die kleinste Baulücke geschlossen.

Das Luxuswohnquartier The Garden Living war bereits 2016 fertig, die Feuerlandhöfe wurden es im letzten Jahr. Die Eigentumswohnungen im Haus Sapphire mit Keramikfassade und Titaniumbeschichtung nach Plänen von Daniel Libeskind, genau gegenüber der BND-Zentrale, waren bereits 2017 verkauft, sie sollen zwischen 4.150 und 15.000 Euro pro Quadratmeter gekostet haben.

Eine Nachbarin findet den neuen Bau des BND „eigentlich sogar recht schick“

Unten im Sapphire befindet sich ein Edeka mit reicher Salattheke und exorbitanter Beerenauswahl. In einem Kräuterregal der Firma Infarm gibt es an die zehn Basilikumsorten. Während Merkel gerade in der Trutzburg dem Nachrichtendienst einen erfolgreichen Wandel nach dem Ende des Ost-West-Konflikts bescheinigt und behauptet, „dass Deutschland einen starken und leistungsfähigen Auslandsnachrichtendienst dringender denn je braucht“, schwingt sich eine Frau in knöchellangem, silberfarbenem Daunenmantel aus einem „BerlKönig“ und stolziert in den Supermarkt.

Sie brauche noch etwas fürs Wochenende, erteilt die Frau höflich Auskunft und sagt, sie wohne ein paar Häuser weiter. Der BND gegenüber störe sie nicht, sie habe nichts gegen den Nachrichtendienst, findet den Bau „eigentlich sogar recht schick“. Ein Mann in feinem Zwirn, der gerade ein belegtes Brötchen kauft, sagt, es sei ihm egal, was in seiner Nachbarschaft los sei. Er habe ohnehin keine Zeit zum Spaziergehen.

Viele kleine Cafés für den gepflegten Business Lunch gibt es neuerdings auch auf dieser Höhe der Chausseestraße, eines bietet „frisches, handwerkliches Brot“, eines „Vanilla Frühstück“. Eine Frau mit hoch sitzendem Dutt und Teddymantel findet den Bau des BND „etwas protzig“, aber „nicht weiter anders als das andere hier“.

Sie hat recht. In diesem Teil der Stadt stört das Haus wirklich nicht weiter.

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