Volksbegehren für Naturschutzgesetz: 170.000 bienenliebende Bayern

Für strengeren Naturschutz: Gleich am ersten Tag unterschreiben zahlreiche Wahlberechtigte das „Volksbegehren Artenvielfalt“.

Aktivistinnen im Bienenkostüm und die Schauspielerin Michaela May

Prominente Unterstützung für Volksbegehren: Schauspielerin Michaela May in München Foto: dpa

BERLIN taz | 170.000 Bayern haben nach Zählungen der Artenschutz-Initiative „Rettet die Bienen!“ am Donnerstag für ein strengeres Naturschutzgesetz gestimmt. „Volksbegehren Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ lautet der Titel des Gesetzesentwurfs, den die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), der Landesverband der Grünen und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern auf den Weg gebracht haben. 170 Organisationen und Vereine unterstützen die Initiative.

Zu den geforderten Gesetzesänderungen gehört, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Äcker im Freistaat bis 2025 auf mindestens 20 Prozent und bis 2030 auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Außerdem will das Begehren den Schutz von wichtigen Insektenlebensräumen wie Blüh- oder Streuobstwiesen, Umwelterziehung in den Lehrplänen von Schulen und auszubildenden Landwirten sowie ein Verbot von Pestiziden in Naturschutzgebieten und gesetzlich geschützten Biotopen.

Die erste Hürde hat das Volksbegehren bereits im Oktober vergangenen Jahres genommen: Fast 100.000 Unterschriften sammelte das Bündnis für eine Abstimmung über den Gesetzesvorschlag, nötig waren 25.000.

Seit Donnerstag können die bayrischen Bürger im zweiten Schritt nun ihre Stimme abgeben: Wenn sich bis zum 13. Februar 10 Prozent der Wahlberechtigten, also etwa 950.000 Menschen, in ihren örtlichen Rathäusern eintragen und zustimmen, landet der Gesetzestext zur Abstimmung im Landtag. Lehnen die Abgeordneten das Gesetz dort ab, kommt es innerhalb von 3 Monaten zum „Volksentscheid“. Stimmt die Mehrheit der Wähler hier für den Vorschlag, ist er Gesetz.

Wissenschaftler unterstützen die Forderungen

„Wenn unsere Initiative Erfolg hat, ist das auch ein Signal für den Rest von Deutschland“, sagte der Sprecher des Volksbegehrens Markus Erlwein. Dann sei es wahrscheinlich, dass auch andere Bundesländer ihre Naturschutzgesetze überprüfen.

„In Bayern gehen viele Tier- und Pflanzenarten massiv in ihrem Bestand zurück oder sterben sogar aus“, heißt es auf der Webseite des Volksbegehrens. Der Rückgang der Insekten bedeute eine „konkrete Gefahr“ für die Zukunft und würde die natürliche Bestäubung der Pflanzen stören. „Wir möchten daher den Rückgang der Arten minimieren, indem wir das bayrische Naturschutzgesetz in wesentlichen Teilen verbessern.“

Auch Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft unterstützen das Volksbegehren, weil die geforderten Änderungen leicht umzusetzen seien und den Rückgang der Tiere und Pflanzen aufhalten könnten.

„Bei vielen Vogelarten ist ein dramatischer Rückgang der Bestände festzustellen“, erklärte Manfred Gahr, Forscher am Max-Planck-Institut. Selbst frühere Allerweltsarten seien nur noch selten zu sehen oder gänzlich verschwunden. „Die Gründe dafür sind vielfältig, aber der massive Einsatz von Pestiziden, das Ausräumen der Landschaft durch das Verschwinden kleinbäuerliche Betriebe und der zunehmende Landverbrauch tragen wesentlich dazu bei.“

Bayrischer Bauernverband: „Etikettenschwindel“

Der bayrische Bauernverband kündigte erbitterten Widerstand gegen das Vorhaben an und nennt das Volksbegehren „Bauernbashing“ und „Etikettenschwindel“. Generalsekretär Georg Wimmer glaubt: „Da geht es nicht um eine nette Unterschriftenaktion für Bienen, sondern um Verbote und Einschränkungen für die Landwirtschaft!“

Durch die neuen Maßnahmen würde die Förderung für viele Umweltmaßnahmen ersatzlos wegfallen, was vor allem Blühflächen und Gewässerrandstreifen betreffe. „Wer etwas für die Artenvielfalt in Bayern erreichen will, sollte gemeinsam mit der Landwirtschaft an zusätzlichen Förderprogrammen arbeiten, anstatt durch den Gesetzesvorschlag das in Scherben zu hauen, was von den Landwirten bereits in Sachen Umwelt- und Naturschutz geleistet wird.“

CSU und Freie Wähler sind skeptisch

Josef Schmid, Landwirt in Neufraunhofen und Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, widerspricht: „Dem Gerücht, eine gesetzliche Festschreibung verhindere die Förderung von Naturschutzmaßnahmen, ist entschieden entgegenzutreten.“

Bei der Umsetzung des Volksbegehrens komme es darauf an, die Bereitschaft, Fläche für Schutzzwecke zur Verfügung zu stellen, entsprechend zu fördern. „Das ist allemal eine bessere Perspektive, als weiter billig für den Weltmarkt zu produzieren.“

Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht das Volksbegehren „sehr skeptisch“, denn es könne „dazu führen, dass insbesondere kleinere landwirtschaftliche Betriebe auf Dauer aufgeben werden.“

Auch Söders Koalitionspartner, die „Freien Wähler“ zeigen sich wenig begeistert, weil die Landwirtschaft in dem Volksbegehren als „Gegner“ der Natur gesehen werde, obwohl der Schutz der Umwelt eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ sei. Die Fraktion werde sich nicht für das Volksbegehren einsetzen, aber findet verbindliche Vorschläge wie zur Biotopvernetzung positiv.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.